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Letzte Frage: April 2012

Herr Kummer gibt Antwort

Veröffentlicht am:

Lieber Herr Kummer, ich habe gelesen, dass im ansonsten so beschaulichen Chemnitzer Stadtteil Adelsberg die Angst umgeht. Eine Einbruchsserie hat besorgte Bürger dazu veranlasst, eine Bürgerwehr zu gründen. Allerdings beschränkt sich deren Tun auf den eigenen Stadtteil, kriminelle Elemente werden so womöglich in andere Gebiete abgedrängt. Sollte mir diese Form von Gentrifikation Anlass zur Sorge sein? Ich wohne nämlich in Hutholz.

Mal ehrlich, sind nicht Ordnung und Sicherheit die höchsten Güter für die es sich zu kämpfen lohnt? Die besorgten Randchemnitzer trauen den örtlichen Organisationen Pilzfreunde e.V., Oldtimer Club, Jagdverein, Heimatverein Adelsberg, ja nicht einmal dem Verein zur Förderung der freiwilligen Feuerwehr und der Polizei schon gar nicht zu, ihr Eigentum zu schützen. Nun haben die Bürger um Ex OB Kandidat Uwe Barthel und Baulöwe Gunter Hüttner privates Geld in die Hand genommen, um einen Wachdienst zu engagieren, der den Stadtteil bewachen soll. Schnell haben die Sicherheitsfachleute von Götz-Dienste ihre Arbeit in Adelsberg aufgenommen. „Auf frischer Tat haben wir bislang zwar niemanden ertappt, aber es gab einige Spuren", sagte Regionalchef Lutz Galonska in einer ersten Bilanz auf Anfrage der "Freien Presse". So habe man der Polizei Kennzeichen verdächtiger Fahrzeuge gemeldet. Das ist natürlich ein schöner Erfolg, aber reicht das Notieren von Autokennzeichen, um dem Treiben von Ganoven Einhalt zu gebieten?

Vielleicht wäre es konsequenter, nicht auf halbem Wege stehen zu bleiben und Adelsberg zu einer geschlossenen Wohnanlage umzugestalten. Diese Gated Communities mit hohen Zäunen und Mauern sowie permanentem Wachschutz erfreuen sich weltweit und neuerdings auch in Deutschland wachsender Beliebtheit. Nicht überall entstehen gleich große, komplett geschützte Stadtteile - aber doch kleine, abgeschottete Wohnanlagen mit recht hohen Zäunen. Im Berliner Szenebezirk Prenzlauer Berg werden die exklusiven "Prenzlauer Gärten" wegen ihrer großen Beliebtheit gerade erweitert. Auch im alternativen Kreuzberg können sich die Bürger mittlerweile hinter dicke Mauern zurückziehen. Im "Carloft" in der Reichenberger Straße nehmen die Bewohner ihr Auto per Aufzug direkt mit in ihre Wohnung. In einer Gegend, in der in der Vergangenheit schon mehrfach teure Limousinen in Flammen aufgegangen sind, ein mögliches Kaufargument. Geklotzt und nicht gekleckert wird derzeit in Leipzig. Hier entsteht mitten im Zentrum, am Clara-Zetkin-Park, die Central Park Residence. Das 6000 Quadratmeter große Wohnareal wird komplett umzäunt. Fest installierte Kameras überwachen die Umgebung, jede Berührung des Schutzwalls wird sofort dem Sicherheitsdienst angezeigt, der rund um die Uhr die Wohnanlage kontrolliert. Kriminelle und Asoziale müssen draußen bleiben. Diese Wohnform taugt sicher auch für Adelsberg.

Irritieren lassen soll man sich in diesem Zusammenhang allerdings nicht von der Kriminalitätsentwicklung in Chemnitz. Die Zahl der Straftaten nahm in den letzten Jahren kontinuierlich ab und Hochburg der Ganoven ist Adelsberg bei Weitem nicht. Diesen Titel sicherte sich das Zentrum und Ebersdorf. In Hutholz, und das sollte Sie beruhigen lieber Leserbriefschreiber, ist die polizeiliche Aufklärungsquote am höchsten. Hier ist der Boden für Verbrecher eindeutig zu heiß. Die aus Adelsberg verdrängten Spitzbuben werden bestimmt eher in die Erzgebirgischen Wälder, vielleicht sogar in die Karl Stülpner Höhle flüchten. Kriminelle die glaubhaft und auf Dauer ihrem Laster abschwören, haben aber gute Chancen auf eine Anstellung im boomenden Security Gewerbe. Und wie lautet das schlichte Erfolgsgeheimnis von Chemnitz` sicherstem Ortsteil Einsiedel? Ortsvorsteher Peter Neubert: „Einsiedler sind ein friedliches Völkchen. Hier schaut jeder auf den Nachbarn.“

Foto: Thomas K. / photocase.com




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