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Lieber Herr Kummer, neulich schlenderte ich durch eine deutsche Großstadt und wurde plötzlich mit einer Frage an einer Hauswand konfrontiert. Nun lässt sie mich nicht mehr los. Glücklicherweise habe ich die Wand samt Frage fotografiert und hoffe nun auf eine Antwort von ihnen. Also: Wo zum Teufel ist Putzi hin?
Eine wirklich knifflige Frage, die gleich weitere Fragen aufwirft.
Handelt es sich bei dieser Wandmalerei um den verzweifelten Hilferuf der
Familie Wendel aus Siegmar, deren Wellensittich Putzi beim Lüften des
Wohnzimmers entflogen ist? Ist die Verzweiflung über die Flucht ihres
Lieblings bei diesen eigentlich so rechtschaffenden Leute so groß, dass
sie sogar in anderen Städten illegale Graffities anbringen? Möglich ist
auch, dass es sich bei der gesuchten Person um Ernst „Putzi“ Hanfstaengl
handelt. Dieser war ein zeitiger Förderer und Freund Adolf Hitlers,
fiel aber schon in den dreißiger Jahren bei den Nationalsozialisten in
Ungnade und musste nach Großbritannien emigrieren. Wo dieser Putzi hin
ist, kann beantwortet werden: er liegt seit 1975 auf einem Münchner
Friedhof.
Dann gibt es natürlich noch Petra „Putzi“ Wesseler,
unsere tüchtige Baubürgermeisterin, die sich kürzlich des Vorwurfs der
Vorteilsgewährung und Untreue erwehren musste. Sie hatte einem
Architekten im Zuge einer Schulsanierung 58 000 € zu viel überweisen
lassen. Die Stadträte fanden das gar nicht putzig und forderten
brutalstmögliche Aufklärung. Jetzt, wo sich herausgestellt hat, dass
Frau Wesseler nicht böswillig gehandelt, sondern die Mehrkosten aus
Versehen falsch berechnet hat, darf sie der Öffentlichkeit in Interviews
die Sparpotentiale der Stadt Chemnitz erläutern. Kurz gesagt: Putzi
sitzt felsenfest auf ihrem Bürgermeister Stuhl. Vielleicht wird aber
auch ein altes Ostprodukt gesucht. Putzi, die einzige DDR
Kinderzahnpaste, feierte 2007 ihren fünfzigsten Geburtstag. Nach der
deutschen Wiedervereinigung kamen Gerüchte auf, einer der Grundstoffe
der Zahnpaste wäre Knochenmehl von Stasi Opfern. Diese üblen
Unterstellungen konnten natürlich nie bewiesen werden und im Zuge des
Ost Revivals wurde Putzi wieder zu einer international erfolgreichen
Marke. Wer diese Putzi sucht sollte sich an die Firma Dental Kosmetik in
Dresden wenden und nicht irgendwelche Wände beschmieren.
„Wo ist
Putzi?“ könnte möglicherweise auch der Hilferuf eines verzweifelten
Opel Arbeiters aus Eisenach oder Rüsselsheim sein, der sich Hilfe von
einem prominenten Mitglied der Adam Opel Dynastie erhofft. Marie
Christine von Opel, genannt Putzi, war in den 70er Jahren ein
berüchtigtes Party und Drogen Girl und warf das Geld eimerweise aus dem
Fenster. Nun hofft der unbekannte Wandmaler vielleicht, dass die Frau,
zur Vernunft gekommen, ihre Reichtümer in die maroden Autowerke steckt.
Leider ist das unmöglich, da Putzi 2006 bei einem Autounfall in Spanien
verstorben ist. Putzis gibt und gab es in Ost und West und zu allen
Zeiten.
Die Arbeit, lieber Leserbriefschreiber, nun selbst aus
dem bunten Reigen der angebotenen Antworten das Richtige heraus zu
suchen, kann leider niemandem abgenommen werden.
Ähnliche Artikel im 371 Stadtmagazin: Letzte Frage Juli 2010
erschienen im 371 Stadtmagazin 07/2010,
Foto: micjan / photocase.com