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Letzte Frage: August 2010

Herr Kummer gibt Antwort

Veröffentlicht am:

Lieber Herr Kummer, neulich schlenderte ich durch eine deutsche Großstadt und wurde plötzlich mit einer Frage an einer Hauswand konfrontiert. Nun lässt sie mich nicht mehr los. Glücklicherweise habe ich die Wand samt Frage fotografiert und hoffe nun auf eine Antwort von ihnen. Also: Wo zum Teufel ist Putzi hin?

Eine wirklich knifflige Frage, die gleich weitere Fragen aufwirft. Handelt es sich bei dieser Wandmalerei um den verzweifelten Hilferuf der Familie Wendel aus Siegmar, deren Wellensittich Putzi beim Lüften des Wohnzimmers entflogen ist? Ist die Verzweiflung über die Flucht ihres Lieblings bei diesen eigentlich so rechtschaffenden Leute so groß, dass sie sogar in anderen Städten illegale Graffities anbringen? Möglich ist auch, dass es sich bei der gesuchten Person um Ernst „Putzi“ Hanfstaengl handelt. Dieser war ein zeitiger Förderer und Freund Adolf Hitlers, fiel aber schon in den dreißiger Jahren bei den Nationalsozialisten in Ungnade und musste nach Großbritannien emigrieren. Wo dieser Putzi hin ist, kann beantwortet werden: er liegt seit 1975 auf einem Münchner Friedhof.

Dann gibt es natürlich noch Petra „Putzi“ Wesseler, unsere tüchtige Baubürgermeisterin, die sich kürzlich des Vorwurfs der Vorteilsgewährung und Untreue erwehren musste. Sie hatte einem Architekten im Zuge einer Schulsanierung 58 000 € zu viel überweisen lassen. Die Stadträte fanden das gar nicht putzig und forderten brutalstmögliche Aufklärung. Jetzt, wo sich herausgestellt hat, dass Frau Wesseler nicht böswillig gehandelt, sondern die Mehrkosten aus Versehen falsch berechnet hat, darf sie der Öffentlichkeit in Interviews die Sparpotentiale der Stadt Chemnitz erläutern. Kurz gesagt: Putzi sitzt felsenfest auf ihrem Bürgermeister Stuhl. Vielleicht wird aber auch ein altes Ostprodukt gesucht. Putzi, die einzige DDR Kinderzahnpaste, feierte 2007 ihren fünfzigsten Geburtstag. Nach der deutschen Wiedervereinigung kamen Gerüchte auf, einer der Grundstoffe der Zahnpaste wäre Knochenmehl von Stasi Opfern. Diese üblen Unterstellungen konnten natürlich nie bewiesen werden und im Zuge des Ost Revivals wurde Putzi wieder zu einer international erfolgreichen Marke. Wer diese Putzi sucht sollte sich an die Firma Dental Kosmetik in Dresden wenden und nicht irgendwelche Wände beschmieren.

„Wo ist Putzi?“ könnte möglicherweise auch der Hilferuf eines verzweifelten Opel Arbeiters aus Eisenach oder Rüsselsheim sein, der sich Hilfe von einem prominenten Mitglied der Adam Opel Dynastie erhofft. Marie Christine von Opel, genannt Putzi, war in den 70er Jahren ein berüchtigtes Party und Drogen Girl und warf das Geld eimerweise aus dem Fenster. Nun hofft der unbekannte Wandmaler vielleicht, dass die Frau, zur Vernunft gekommen, ihre Reichtümer in die maroden Autowerke steckt. Leider ist das unmöglich, da Putzi 2006 bei einem Autounfall in Spanien verstorben ist. Putzis gibt und gab es in Ost und West und zu allen Zeiten.

Die Arbeit, lieber Leserbriefschreiber, nun selbst aus dem bunten Reigen der angebotenen Antworten das Richtige heraus zu suchen, kann leider niemandem abgenommen werden.

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erschienen im 371 Stadtmagazin 07/2010,
Foto: micjan / photocase.com

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