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Letzte Frage: November 2010

Herr Kummer gibt Antwort

Veröffentlicht am:

Lieber Herr Kummer, als Chemnitzerin blicke ich im Moment sehr neidisch auf die Stuttgarterinnen und Stuttgarter. Ganz Deutschland, ja die ganze Welt, schaut auf diese Stadt. Kein Tag ohne Stuttgart-Meldung in Presse, Funk und Fernsehen. Gern würde ich eine solche Werbeaktion auch für Chemnitz initiieren, doch fällt mir kein adäquates Protestobjekt ein. Wissen Sie Rat?

Nein, Nein, Nein! Auf dieses fortschrittsverweigernde Niveau sollten wir Chemnitzer uns nicht begeben. Wir leben schließlich in der Stadt der Moderne und bei uns werden keine Polizisten mit Kastanien beworfen, wenn wichtige Infrastrukturmaßnahmen umgesetzt werden. Unser sächsischer Regierungschef Tillich hatte bestimmt vor allem die wackeren Chemnitzer im Blick, als er den schwäbischen Krawallbrüdern mal so richtig die Meinung um die Ohren klatschte. Die Westdeutschen sind zu bequem für Veränderung, das zeige der Protest gegen Stuttgart21. In Sachsen gebe es kein Großprojekt, das erfolgreich durch Klagen gestoppt wurde. In Sachsen wurden Kohlekraftwerke gebaut, Straßen und Autobahnen und Braunkohle-Tagebaue erweitert, das sei in anderen Bundesländern nicht mehr möglich, erklärte Herr Tillich. Jetzt, wo unser Landesvater Tacheles geredet hat, werden die Stuttgarter vielleicht zur Besinnung kommen.

Wir Chemnitzer sollten doch lieber mit unseren Tugenden Fleiß, Bescheidenheit und Modernität werben. Unsere Großprojekte werden durchgeführt, ohne dass es zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommt. Mit berechtigtem Stolz blicken wir zurück auf die ingenieur- und finanztechnische Glanzleistung „Überflieger“, unsere Südring Autobahn oder auf die zügige Umsetzung des Brückenbaus an der Hartmannstraße. Die städtische GGG baut an der Reitbahnstraße/Ecke Bernsbachplatz Jugendwohnungen mit integriertem Szenetreff. Mit „Kellnberger 21“ entsteht derzeit am Johannisplatz ein neues hochwertiges Innenstadtquartier, der Brühl wird demnächst ein quicklebendiges Studentenviertel und unser Bahnhof, liebe Stuttgarter, wird auch seit Jahren erfolgreich umgebaut. Das bei diesen Projekten natürlich einige Bäume, Juchtenkäfer, Fledermäuse, denkmalgeschützte Häuser und Jugendclubs verschwinden, bringt unsere Mitbürger keineswegs aus der Ruhe.

Wenn dann ab 2012 der Chemnitzer Stadtteil Kassberg zurück gebaut bzw. abgerissen wird, um an die im Berg vermuteten Braunkohlevorkommen zu gelangen, ist kein Protestgeheul zu erwarten. Vielmehr wird die Vorfreude der umgesiedelten Bürger auf den, im nächsten Jahrtausend nach der Rekultivierung, entstehenden Badesee groß sein. Unsere Werbeträger sind keine Querulanten, sondern Kati Witt, das Festival “Pro Christ“, Richard Hartmann oder Tobias Weck, der bereits zum dritten Mal in Folge für die Chemnitzer Handwerkskammer als bester Tischler Sachsens geehrt wurde. Dieser Tage vertritt er den Freistaat in Berlin beim Bundeswettbewerb der Handwerkerjugend. Vielleicht trägt der junge Mann bei diesem Ausscheid ein trendiges T-Shirt aus der „Chmeintz“ oder „Löwenstarkes Chemnitz“ Kollektion und trägt so den Ruhm unserer Stadt in die Welt hinaus.

Weitere "Letzte Fragen" im 371 Stadtmagazin

erschienen im 371 Stadtmagazin 11/10,
Foto: JoeEsco/photocase.com

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