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Letzte Frage im Oktober

Herr Kummer gibt Antwort

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Lieber Herr Kummer,
wie Pilze schießen sie aus dem Boden. Überall, an jeder Ecke, so erscheint es mir zumindest. Täuscht mich meine Wahrnehmung oder wird Chemnitz tatsächlich gerade von einer Welle von Casino-Eröffnungen durchspült? Und was hat das zu bedeuten? Wird Chemnitz zum Las Vegas des Ostens?

In der Bundesrepublik galt bis 1972 eine Preisbindung bei Tonträgern. In den Städten und Dörfern existierte an jeder Ecke ein Schallplattenladen. Inhaber von mittelständischen Musikhäusern waren geachtete Mitspieler im Handelsleben und keiner konnte sich vorstellen, wie drastisch sich die Zahl der Fachgeschäfte in den kommenden Jahrzehnten verringern würde. Kleine Lebensmittelläden gab es in früheren Zeiten ebenfalls flächendeckend, heute sind es belächelte Exoten. In den 90er Jahren wimmelte es von Floristik- und Blumenläden und wir erinnern uns sicher alle an die fast in jedem Haus zu findende Videothek.

Nun sind es also Casinos, die wie Pilze aus dem Boden schießen. Das Wort „Casino“ stammt aus dem schönen Venedig und bezeichnete ursprünglich die Räumlichkeiten, in denen die[nbsp] Würdenträger ihre Amtstracht anlegten, bevor sie im Dogenpalast ihre Versammlungen abhielten. Diese Räume wurden auch als Stätten für Spiel und Geselligkeit genutzt.
Edelleute und hochgestellte Persönlichkeiten sind in den vielen heimischen Casinos sicher selten anzutreffen. Die Besucher der Spielhallen wirken recht unglamourös und bescheiden. Man sollte sich aber nicht täuschen lassen, denn im ostdeutschen Vergleich steht der Chemnitzer finanziell recht gut da. Hier wollen nun die Spielhallenbetreiber gern etwas Rahm abschöpfen. In den meisten Fällen reicht ein preiswerter Gewerberaum, Teppichbelag, Fensterfolie mit Glitzereffekt, ein paar Automaten und fertig ist die Spielothek Casino Fortuna Royal. Wer denkt, hier geht es nur um das nackte Geldverdienen, sieht das Geschäftsmodell nach Meinung der Glücksspielbranche natürlich völlig verzerrt. Die Sächsische Spielbanken-GmbH[&]Co.KG steht beispielsweise mit ihrem Angebot für eine Befriedigung des natürlichen Spielbedürfnisses für einen Teil der erwachsenen Bevölkerung. Mit ihren Casinos will die Gesellschaft ihren Gästen ein vielseitiges Unterhaltungsangebot in stilvollem Ambiente bieten. Das Spielen soll Spaß machen und für den Gast erholsam sein. Dagegen soll suchthaftes Spielen selbstverständlich in keiner Art und Weise unterstützt oder gefördert werden. Zahlreiche Gegner der Glücksspielbranche sehen das etwas anders, sie meinen, dass in den Räumlichkeiten die Spielsucht gefördert werde. Außerdem wird behauptet, dass in den Innenstädten rings um die Spielhallen vermehrt Kriminalität registriert werde.

Die Einrichtungen würden beispielsweise sehr oft überfallen: „Weil eben dort das Geld an der Wand hängt“ so bringt es ein anonymer Insider knackig auf den Punkt. Und so tobt der ergebnislose Streit zwischen Gegnern und Befürwortern der Glücksspielbranche schon seit Jahren. Allerdings müssen sich private Casino-, Lotto-, oder Wettfirmen auf eine raue Zukunft gefasst machen. Die Bundesländer planen strenge Auflagen. Große Casinos könnten sogar ihre Konzession verlieren. Eine Begrenzung der Öffnungszeiten ist geplant, die Werbung der Glücksspieltempel soll verboten, und die Zahl der Automaten drastisch begrenzt werden.
Die vielen Casinos werden also bald der Vergangenheit angehören. Fragt sich, welche Gründungswelle füllt dann die leerstehenden Gewerberäume. Bubble Tea, Convenience Shops, Holi Farbpulver und Slackline Geschäfte?

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