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Jan und die Welt der Arbeit

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1839 wurde die „Sächsische Maschinenfabrik“ an der Altchemnitzer Straße gegründet. Nach erfolgreichen Jahren als Produzent von Lokomotiven, Werkzeug- und Spinnereimaschinen schlitterte das Unternehmen nach dem 1.Weltkrieg in eine peinliche Pleite. Die stolze Maschinenfabrik wurde zerschlagen.

Das Nachfolgeunternehmen „Sächsische Textilmaschinenfabrik“ konzentrierte sich zu Beginn der 1930er Jahre vollkommen auf die gewinnträchtige Produktion von Spinnereimaschinen. Noch heute kann man die vom Bombenkrieg verschonten Produktionshallen ehrfürchtig betrachten. Der Gebäudekomplex des Spinnereimaschinenbaus ist ein Monument der harten Arbeit, aus Beton, Stahl und Glas gebaut. Daneben steht das Verwaltungshaus der ehemaligen Astra Werke, 1928/29 vom Chemnitzer Architekten Willy Schönefeld im Stil der „Neuen Sachlichkeit“ errichtet. Das geknechtete Proletariat schuftete beim Maschinenbauen, während nebenan schon an der Zukunft der Technik, an Buchungsmaschinen und frühen Bürocomputern, gewerkelt wurde. Hätte es in den 20er Jahren schon Sitzbälle und Tischkicker gegeben, im Astra Gebäude wären sie sicher zu finden gewesen. Diese Architekturansage eines hippen Kapitalismus konnte vom Arbeiter- und Bauernstaat natürlich nicht unbeantwortet bleiben. 1959 entstand mit dem modernen Spinnerei-Erweiterungsbau an der Altchemnitzer Straße einer der bedeutendsten Industriebauten der sozialistischen[nbsp] Nachkriegsmoderne. Nebeneinander stehen nun die Monumente einer idealen Produktionswelt zweier Gesellschaftsordnungen. Schon immer gab es allerdings Menschen, die sich nicht erfolgreich in das Erwerbsleben eingliedern konnten oder wollten. Für diese armen Schlucker wurden die Häuser der Krenkel Stiftung auf der den Fabrikkomplexen gegenüberliegenden Straßenseite gebaut. Hier sollten von Obdachlosigkeit bedrohte „arme, aber unbescholtene“ Familien eine neue Heimat finden. Spitzdächer, Fachwerk, grüne Innenhöfe – ein Märchenland für Looser. Ab 1905 entstanden die Stiftungsgebäude, geplant vom Chemnitzer Stadtbaumeister Richard Möbius und finanziert durch eine großzügige Spende des Wohltäters Peter Krenkel. Gesegnet durch eine große Erbschaft musste sich Herr Krenkel zeitlebens nie der schnöden Lohnarbeit verschreiben. Er konnte sich als Privatgelehrter gemütlich der Theologie und der Mildtätigkeit widmen. Dass die Stiftungshäuser auch noch nach Generationen den Namen Krenkel vor dem Vergessen bewahren, war sicher auch ein gewünschter, schöner Nebeneffekt. So finden wir Manchester- und Rheinischen Kapitalismus, sozialistische Arbeit und private Fürsorge an der Altchemnitzer Straße, gebündelt auf engem Raum und das Schöne ist, die Geschichte dieser speziellen Chemnitzer Gegend ist noch lange nicht zu Ende erzählt.

Text: Jan Kummer, Foto: Maik Irmscher


Ecken und Enden: Der schlafende Riese
In zehn (oder mehr) aufeinander folgenden Ausgaben wollen wir 100 Geschichten über Chemnitz erzählen. Dabei richten wir unseren Blick auf Mikroareale, und zwar von den Orten aus, die das 371 sowieso fokussiert: den Orten der Kultur und der Zerstreuung. Teil Fünf: Das Gelände der ehemaligen Spinnereimaschinenfabrik.

Lisa zwischen den Büchern
Der eine schätzt die Freiheiten und den Charme der Brache, der andere erinnert sich gern an schöne Zeiten der Chemnitzer Industriekultur: Timo Stocker und Rainer Schulze sind beide schon lange Zeit mit dem Spinnereimaschinenbau verbunden.

Beate und ein Wandgemälde aus ferner Zeit
Wer einen Nachmittag in der Boulderhalle auf der Altchemnitzer Straße verbringen möchte, schlendert auf dem Weg dorthin unverhofft an einem Wandbild von Will Schestak aus dem Jahr 1959 vorbei. Direkt am Treppenaufgang zum ehemaligen Speisesaal des VEB Spinnereimaschinenbaus prangt groß, in mittlerweile blassen Farben, ein Prachtstück schönster DDR-Auftragskunst.

Zwei Literaten zu Gast in Chemnitz
Für die Arbeit an einem Literaturmagazin* sind wir aus Frankfurt a.M. nach Chemnitz gekommen. Wir wollen Eindrücke sammeln von Spuren eines vergangenen Systems und dem Übergang in die alternativlose Welt des Spätkapitalismus.

Szymmi blickt zurück mit Harald Szymanski
Wie es wirklich war, damals in der Spinnereimaschinenfabrik zu arbeiten und was passierte, wenn es Ketchup im Betriebkonsum gab, hat Szymmi bei Harald Szymanski erfragt.

Michael und das Treffen der Riesen
Sollte man schlafende Riesen wecken? Unbedingt, meint zumindest ein EU-Projekt, innerhalb dessen sich auch das Gelände des Spinnereimaschinenbaus in die Phase des traumbelebten REM-Schlafs begeben soll.

Szymmi blickt aufs Jetzt mit Klaus Hirsch
Was die Spinnwerk GmbH[&]Co KG mit der Chemnitzer Brache alles vor hat, hat Szymmi im Gespräch mit Geschäftsführer Klaus Hirsch herausgefunden.

Nina kennt keine Gnade
Die Lasertag-Halle im Spinnereimaschinenbau ist beeindruckend groß und verwinkelt. Es ist dunkel und die Wände sind mit Neonstreifen beklebt. Das Schwarzlicht erhellt alles in einem eigenartigen Licht.

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