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Jahresrückblick mit K

Kraftklub 2012

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Es war ein Jahr der Superlative für Kraftklub. 81 Konzerte in sechs Ländern und auf zwei Kontinenten. Das Debütalbum auf Platz eins der Albumcharts und drei Monate später die goldene Schallplatte für „Mit K“. Diverse Magazincover, Fernsehauftritte von Raab bis Schmidt und irgendwie dazwischen auch noch in Kolumbien aufgetreten. Gründe gibt es genug, um mit Sänger Felix Kummer auf das Kraftklub-Jahr 2012 zurückzublicken.

Euer Album „Mit K“ wurde am 20. Januar veröffentlicht...
An dem Tag saß ich auch genau hier in diesem Café mit einem Journalisten und habe ein Interview für Spiegel Online gegeben. Danach mit der Chemnitzer Morgenpost. Für das Cover der MOPO haben wir fünf verschiedene Fotos geschossen. Einmal halte ich fünf Finger hoch, dann vier, drei, zwei und halt einen. Eigentlich wollten wir, wegen dem schlechten Omen, die Eins weglassen.

Kannst du dich noch an den Moment erinnern als ihr erfahren habt, dass ihr auf Platz 1 der Albumcharts gelandet seid?
Wir haben gerade unseren jetzigen Proberaum besichtigt. Da hat mich Casper angerufen. Die nächste halbe Stunde waren wir erst mal alle total euphorisiert. Und dann die große Frage: Wo feiern wir am Montagabend in Chemnitz? Ein Kumpel hat dann für uns das Aaltra aufgeschlossen und wir haben alle Freunde eingeladen. Das wurde dann ein mittelschweres Besäufnis. Am nächsten Tag habe ich mit ganz vielen Medien telefoniert und Interviews gegeben und war noch ziemlich mitgenommen. Ich kann mich noch erinnern, dass ich total betrunken in der Badewanne lag und Deutschlandradio-Kultur ein Interview gegeben habe.

Der Februar brachte wahrscheinlich viele Promotion-Termine mit sich.
Das war wirklich die End-Promophase. Jeden Tag haben wir so fünf bis sechs Interviews gegeben. An einem Tag ein Dreh für das „Heute Journal“ am nächsten Tag dann ZDF „Aspekte“. Wirklich große seriöse Medien die über uns berichtet haben. Das war auch die einzige Zeit die mir wirklich auf die Nerven ging. Speziell z.B. die Radio-Phase. Wir haben den ganzen Tag zehnminütige Radiointerviews gegeben und sind dann wieder eine Stunde irgendwo hin gefahren. Die waren auch fast alle sehr schlecht vorbereitet. Exakt die selben Fragen: „Warum sagt ihr immer noch Karl-Marx Stadt?“, „Wieso wollt ihr nicht nach Berlin?“ und „Wogegen kann man noch rebellieren?“ Wir haben auch wirklich jeden Quatsch mitgemacht. Wie das Frühstücksfernsehen auf Sat 1. So etwas werden wir auch definitiv nicht wieder machen. Prinzipiell finde ich es ja nicht schlimm im Fernsehen aufzutreten. Man sollte sich als Band nur bewusst darüber sein, was man für einen Quatsch macht. Und den ganz schlimmen Quatsch sollte man dann auch mal liegen lassen. So was wie „The Dome“ oder den ZDF-Fernsehgarten.

Dann habt ihr im März gemeinsam mit Casper auf dem Echo gespielt. Ein Meilenstein?
Der Echo war aus anderen Gründen magisch. Der Hauptgrund war, das uns Rammstein zur Seite genommen haben und sagten das sie uns mögen und wir sollen so bleiben wie wir sind. Bei Rammstein bekomme ich schon weiche Knie. Das hat sich so angefühlt, als würden wir auf die gute Seite der Pop-Welt gezogen werden.

April. Euer Guerillakonzert auf dem Dach des Flower Power. Am Karfreitag.
Ja am Karfreitag. Dummerweise. Das war einfach leider der einzige Termin an dem das Produktionsteam von ARTE „Durch die Nacht mit...“, KIZ und wir einen Termin gefunden haben. Das lag wahrscheinlich auch daran, dass am Karfreitag niemand etwas macht. Und wir wollten „Durch die Nacht mit...“ wirklich unbedingt machen.

Gab es im Nachhinein noch Konsequenzen für euch?
Wir mussten den Polizeieinsatz bezahlen. Dann hatten wir noch mal ein Gespräch mit der Oberbürgermeisterin und haben versprochen, dass wir das nicht noch mal machen werden. Und die Stadt Chemnitz und die Kirche haben sich da auch wirklich sehr kulant verhalten. Also es hat niemand Anzeige erstattet.

Zwischen alldem seid ihr auch noch Gold gegangen.
Ja. Und sofort war wieder das Thema Nummer Eins: Wie organisieren wir die Party dafür? Eigentlich wollten wir das gerne in Chemnitz machen. Das ging aber nicht. Dann haben wir einen Reisebus gechartert. Das war auch sehr schön, weil dann 50-60 Chemnitzer nach Berlin gekommen sind um mit uns zu feiern. Auch wieder alles sehr emotional – Alle Kumpels freuen sich für dich mit. Ich finde das ist auch immer so ein Kraftklub-Ding von Anfang an. Seine Freunde wirklich ganz eng zu halten. Die Musik handelt von unseren Freunden und richtet sich auch an unsere Freunde. Diese goldene Schallplatte steht bei mir noch irgendwo eingepackt rum. Aber diese Party, daran werde ich mich noch sehr lange erinnern.

Im Mai gingen dann bereits die ersten Festivals los. Eure Festivalzeit war auch ein hartes Brot oder?
Es war kein hartes Brot. Es waren einfach sehr viele Auftritte von Mai bis September. Der Sommer 2011 war eigentlich von der Anzahl der Auftritte her ähnlich, nur sind wir unter der Woche nach Berlin gefahren um das Album zu produzieren. Dieses Jahr konnten wir aber von Montag bis Mittwoch im Bernsdorfer Freibad abhängen. Dann ging es Donnerstag wieder los. Das war ziemlich cool. Es war auch einer der schönsten Sommer meines Lebens – Ich war noch nie so oft baden wie in diesem Jahr.

Wie kam es zu dem Auftritt auf dem Roskilde-Festival?
Wir haben auf einem Festival in Groningen in den Niederlanden gespielt. Das ist ein europäisches Booker-Festival, da werden die jährlichen Festival-Awards vergeben. Das war wieder sehr interessant für uns weil es wie auch die Auftritte in Kolumbien gezeigt hat, dass unsere Musik auch funktioniert wenn man nicht jedes Wort versteht. Dadurch wurden wir für das Roskilde gebucht. Wir haben dort ja nicht das Zelt gesprengt. Es war voll und die Leute haben getanzt. Sehr unerwartet.

Direkt nach der Festivalsaison seid ihr für 10 Tage nach Kolumbien geflogen um dort acht Shows zu spielen.
Eigentlich wollten wir nach den Festivals die Zeit nutzen, um für die Tour zu proben usw. Aber dann kam halt dieses Angebot vom Goethe-Institut. Und alle waren natürlich sofort dabei. Es war ein krasses Abenteuer. Das fing schon beim Flug an – Ich bin noch nie so lange geflogen. Dann kommt man am Flughafen an und alle laufen mit Maschinenpistolen und Drogenspürhunden rum. Am Anfang ist alles noch ein bisschen gruselig. Eigentlich ist auch viel kaputt und alles etwas merkwürdig, aber es ist halt auch ein wunderschönes Land. Es war auch wieder so eine Geschichte, die sich wie ein roter Faden durch das komplette Kraftklub-Geschehen zieht. Wir machen irgendwas und denken dann kurz vorher: Das wird bestimmt der totale Reinfall. Dann waren die Clubs aber doch wieder voll und alle haben versucht, die Texte mitzusingen.

Und wie immer ging es ohne lange Pause weiter. Direkt nach Kolumbien auf die zweite Hälfte der „Mit K“ – Tour 2012. Unter anderem auch in die größte Halle die ihr bis dato bespielt habt, die Westfalenhalle in Dortmund.
Es war einfach extrem überwältigend. Da habe ich auch wirklich gemerkt, dass es eine komplett andere Nummer ist als alles bisher Dagewesene. Bisher war es immer so: Wenn wir uns zum Affen machen, machen sich die Leute auch zum Affen. In kleinen Clubs funktioniert das ja auch super. Dann steht man in so einer großen Halle, wo Teile des Publikums gefühlte 10 Kilometer weit weg stehen und du weißt die haben ganz viel Geld bezahlt dafür, dass sie die Show sehen können. Davor hatte ich ein bisschen Angst. Aber selbst die Leute auf den Rängen waren von Anfang an dabei, standen auf ihren Sitzen und sind mit uns rumgesprungen.

Als krönenden Abschluss für ein Jahr der Superlative feiert ihr am 27.12. das Willkommen-Zuhause-Festival mit Le Corps Mince de Françoise und Sizarr.
Unser Management fand die Idee super und jetzt veranstalten sie zwei weitere Konzerte mit Casper in Bielefeld und mit KIZ in Berlin. Die werde auch parallel im Radio und im TV übertragen. Mit „Le Corps Mince de Françoise“ haben wir mal zusammen auf einer Party der VICE gespielt und waren alle krass beeindruckt von deren Show. „Sizarr“ wollten wir uns schon die ganze Zeit mal angucken, aber auf dem Berlin Festival haben sie gleichzeitig mit uns gespielt und waren zur selben Zeit wie wir auf Tour. Deswegen laden wir sie jetzt einfach selber ein.

Wie sehen die Pläne für die Zukunft aus und habt ihr nicht langsam so was wie einen Bühnen-Burn-Out?
Nö wir nicht. Wir betteln ja darum spielen zu dürfen. Wir könnten z.B. mehr ins Ausland gehen. In Deutschland wollen wir den Leuten nicht auf die Nerven gehen. Dann wird es auch bald Zeit für das zweite Album. Wahrscheinlich wird das vielen Leuten nicht gefallen und das sage ich ohne bis jetzt einen Song geschrieben zu haben. So ist es ja immer. Man kann es den Leuten nie recht machen. Das sollte aber auch nicht das Ziel sein.

Interview: Florian Harlass Foto: Gladsome Fotografie

Erschienen im 371 Stadtmagazin 12/12

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