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Michael und das Treffen der Riesen

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Sollte man schlafende Riesen wecken? Unbedingt, meint zumindest ein EU-Projekt, innerhalb dessen sich auch das Gelände des Spinnereimaschinenbaus in die Phase des traumbelebten REM-Schlafs begeben soll.

Unter dem Titel „2nd Chance: Waking up the sleeping giants“ machen sich Vertreter aus ganz Europa mit Referenzobjekten daran, herauszufinden, wie man alte Kolosse wieder fit bekommt. Neben Neapel, Liverpool, Maribor und Lublin sind auch Brüssel, Gijón, Dubrovnik, Porto, Caen, Genua – und seit Mai dieses Jahres eben auch die Stadt Chemnitz an dem Projekt beteiligt. Dabei geht es nicht darum, mit Fördergeldern Fassade oder Wasserleitungen solcher alten Gebäude zu sanieren, wie Thomas Mehlhorn aus dem Stadtplanungsamt betont. Vielmehr ist es ein Projekt, das das Austauschen und Schaffen von nachhaltigen Strategien als Ziel hat.

Der Spinnereimaschinenbau stehe dabei exemplarisch für ähnliche Standorte in Chemnitz, die weitgehend ungenutzt in der Stadt stehen oder ihr Potential vermutlich längst nicht ausschöpfen. Warum man diese Immobilien nicht ihrem Schicksal überlässt? Nun zum einen, so Thomas Mehlhorn, ist es das bauliche Erbe der Industriestadt Chemnitz, zum anderen können solche als „graue Energie“ bezeichneten Objekte ein Gewinn für die Quartiere sein, in denen sie liegen. Statt auf der grünen Wiese neue Bauten zu errichten, ist es natürlich auch viel nachhaltiger, das wieder in Nutzung zu bringen, was man hat. Aus diesen Gründen habe auch die Stadt ein Interesse an der Förderung des Areals des Spinnereimaschinenbaus, auch wenn es einem privaten Besitzer gehört. Und Gewerbesteuern sind letztlich auch eine der Hauptfinanzierungsquellen einer Kommune.

Was also tun, um den Standort florieren zu lassen? Das ist die Krux an der Sache. Einfach drauf los sanieren und hoffen, dass der passende Nutzer zur fertigen Hülle kommt? Auf Nutzer warten, die viel Zeit und Geduld mitbringen, bis das Gelände ihren Ansprüchen gemäß aufgearbeitet wurde? Zwischennutzung in Betracht ziehen, die dann vielleicht als Dauerlösung vor sich hin dümpelt? Seine Erwartung an das EU-Netzwerk sind keine Lösungen, sagt Mehlhorn. Sondern vielmehr ein offenes Konzept und ein Werkzeugkoffer. Wenn man etwa weiß, wie sinnvoll ein bauhistorisches Gutachten ist, oder eine Machbarkeitsstudie oder ein Beteiligungsverfahren. Das alles klingt sehr abstrakt und ist es auch. Aber abstraktes Denken ist wohl auch eine Tugend in der Stadtplanung. Am Ende konnte niemand planen, wie sich etwa gut gewachsene Projekte wie die Schönherrfabrik entwickeln. Aber ihre Nutzung, meint Thomas Mehlhorn, ist ein gutes Beispiel: das Gelände als Zeugnis der Chemnitzer Industriegeschichte ist bewahrt, die Mischung aus Industrie, Dienstleistung und Gewerbe scheint tragfähig und nachhaltig. Ein so geweckter Riese steht nicht mit dem falschen Fuß auf. Ob und wie so etwas im Spinnereimaschinenbau erreichbar ist, wird das EU-Projekt zeigen. Im Oktober kommt das Netzwerk erstmals in Chemnitz zusammen, es hat bestimmt ein paar Denkanstöße im Gepäck.

Text: Michael Chlebusch Grafik: Maik Irmscher


Ecken und Enden: Der schlafende Riese
In zehn (oder mehr) aufeinander folgenden Ausgaben wollen wir 100 Geschichten über Chemnitz erzählen. Dabei richten wir unseren Blick auf Mikroareale, und zwar von den Orten aus, die das 371 sowieso fokussiert: den Orten der Kultur und der Zerstreuung. Teil Fünf: Das Gelände der ehemaligen Spinnereimaschinenfabrik.

Lisa zwischen den Büchern
Der eine schätzt die Freiheiten und den Charme der Brache, der andere erinnert sich gern an schöne Zeiten der Chemnitzer Industriekultur: Timo Stocker und Rainer Schulze sind beide schon lange Zeit mit dem Spinnereimaschinenbau verbunden.

Beate und ein Wandgemälde aus ferner Zeit
Wer einen Nachmittag in der Boulderhalle auf der Altchemnitzer Straße verbringen möchte, schlendert auf dem Weg dorthin unverhofft an einem Wandbild von Will Schestak aus dem Jahr 1959 vorbei. Direkt am Treppenaufgang zum ehemaligen Speisesaal des VEB Spinnereimaschinenbaus prangt groß, in mittlerweile blassen Farben, ein Prachtstück schönster DDR-Auftragskunst.

Zwei Literaten zu Gast in Chemnitz
Für die Arbeit an einem Literaturmagazin* sind wir aus Frankfurt a.M. nach Chemnitz gekommen. Wir wollen Eindrücke sammeln von Spuren eines vergangenen Systems und dem Übergang in die alternativlose Welt des Spätkapitalismus.

Szymmi blickt zurück mit Harald Szymanski
Wie es wirklich war, damals in der Spinnereimaschinenfabrik zu arbeiten und was passierte, wenn es Ketchup im Betriebkonsum gab, hat Szymmi bei Harald Szymanski erfragt.

Jan und die Welt der Arbeit
1839 wurde die „Sächsische Maschinenfabrik“ an der Altchemnitzer Straße gegründet. Nach erfolgreichen Jahren als Produzent von Lokomotiven, Werkzeug- und Spinnereimaschinen schlitterte das Unternehmen nach dem 1.Weltkrieg in eine peinliche Pleite. Die stolze Maschinenfabrik wurde zerschlagen.

Szymmi blickt aufs Jetzt mit Klaus Hirsch
Was die Spinnwerk GmbH[&]Co KG mit der Chemnitzer Brache alles vor hat, hat Szymmi im Gespräch mit Geschäftsführer Klaus Hirsch herausgefunden.

Nina kennt keine Gnade
Die Lasertag-Halle im Spinnereimaschinenbau ist beeindruckend groß und verwinkelt. Es ist dunkel und die Wände sind mit Neonstreifen beklebt. Das Schwarzlicht erhellt alles in einem eigenartigen Licht.

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