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Chemnitz braucht eine Clubförderung

Nur so'n Gedanke Teil 4

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Chemnitz 2025: Die Stadt ist Kulturhauptstadt Europas. Auf dem Weg dorthin hat sie sich in eine coole, bunte, lebens- und liebenswerte Metropole verwandelt. 371 will da nicht abseits stehen und postet von nun ab jeden Monat eine steile These, die uns diesem Ziel näher bringt. These 4: Chemnitz braucht eine Clubförderung!


Es ist in den meisten deutschen Städten gar nicht mal so ungewöhnlich, dass hin und wieder ein Club seine Türen schließen muss. In Chemnitz allerdings fällt ein solches Ende besonders auf. Es gibt ja nicht so viele. Als das Flowpo Anfang 2018 zum Beispiel überraschend dicht machte, da war die Bestürzung groß, genauso auch beim Subway to Peter. Nach 23 Jahren Clubbetrieb musste sich letzteres, wie man damals auf der Facebook-Seite lesen konnte, den Schulden und laufenden Kosten ergeben. Wohl eines der Probleme: Fehlende Unterstützung durch die Stadt.
Denn die bisher vorhandenen Fördermöglichkeiten reichen vorn und hinten nicht. Das Atomino zum Beispiel erhalte bereits eine Förderung für manche Konzerte, muss vor allem spannende (und damit meist auch teurere) Acts dennoch quer finanzieren. Mit einer gezielteren Unterstützung könne man auch mal interessantere Künstler buchen, findet Randy Fischer, ohne Angst zu haben, dass am Ende nur 50 Gäste vor der Tür stehen. Dem schließt sich Thoralf Kuhnt vom Lokomov an, der ebenfalls meint, dass man in Chemnitz an Grenzen stößt, was Konzerte angeht: „Eine finanzielle Förderung könnte uns dahingehend entlasten und würde uns ermöglichen ein qualitativ höherwertiges Programm auf die Beine zu stellen.“ Fördergelder würden Möglichkeiten eröffnen und dafür sorgen, dass Clubbetreiber ihr Programm sorgenfreier auf die Beine stellen könnten – ohne dieses durch den Verkauf von Bier und Schnaps an der Bar quer zu finanzieren. Bei den städtischen Theatern funktioniert das bereits: Dort werden Tickets bereits soweit subventioniert, dass sich auch teurere Formate trotz normaler Eintrittsgelder tragen. Niemand käme auf die Idee, vom Opernhaus zu verlangen den Spielplan auf Schnittchen-Verkäufe zu stützen. Bei den Clubs dieser Stadt ist diese Praxis allerdings die Grundlage ihres Handelns.Vor diesem Hintergrund wünschen sich die Clubbetreiber dieser Stadt also nicht nur eine bessere monetäre Unterstützung sondern auch mehr Wertschätzung: Eine Anerkennung des kulturellen Anspruchs etwa und der Tatsache, dass nicht die Bar allein die Chance für Clubchefs ist, zu buchen wen sie wollen.


In Städten wie Berlin, Stuttgart oder Hamburg existieren bereits ganz unterschiedliche Programme zur finanziellen Unterstützung von Spielstätten. In Berlin setzt sich hierfür ClubConsult ein, ein Projekt des Verbandes der Berliner Club-, Party- u. Kulturereignisveranstalter e.V. In Stuttgart gibt es das Popbüro. Beide Organisationen erhalten Unterstützung und Geld von der Stadt, fungieren gleichzeitig aber als eigenständiges Sprachrohr für Spielstättenförderung. Beide Projekte wiederum werden unterstützt von der Initiative Musik gGmbH, einer zentralen Fördereinrichtung für die deutsche Musikwirtschaft im Auftrag der Bundesregierung. Mit jährlich 4,5 Millionen Euro Unterstützung von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien[nbsp] sowie Geldern von GEMA und GVL ist hier sowohl Geld als auch Infrastruktur und Einsatz da, die Musikkultur in Deutschland zu fördern. Dazu gehört die Unterstützung oben genannter Organisationen und viele weitere Projekte, wie auch der durch die Initiative ausgeloste Musikpreis „APPLAUS“, der jedes Jahr ClubmacherInnen in Deutschland auszeichnet, die „unser Kulturleben durch ihr mutiges, leidenschaftliches Konzertprogramm“ bereichern. 2018 gehörte zu den Preisträgern auch das Institut für Zukunft in Leipzig.

In Hamburg jedoch ist es die Clubstiftung, die sich für die Stärkung privater Musikbühnen starkmacht: Deren Fördergelder speisen sich zum Teil aus städtischen Gelder, aber auch aus der Unterstützung von Privatpersonen. Dort können Clubs zum einen eine Förderung in Form eines zinsgünstigen Kredits beantragen. Oder aber sie bewerben sich für den „Live Concert Account“: Hier wird die tatsächliche Höhe der Fördergelder anhand der entrichteten GEMA-Gebühren berechnet und im Verhältnis zur Gesamtsumme ausgeschüttet. Je mehr Konzerte ein Club organisiert, desto mehr Förderung erhält er also.

In Chemnitz gibt es so etwas, also ein eigens für die Kulturförderung initiiertes Programm, das vielleicht sogar durch Privatpersonen unterstützt werden könnte, leider nicht. Das heißt allerdings nicht, dass die Clubs dieser Stadt allein gelassen werden, denn was es sehr wohl gibt, sind städtische Fördermöglichkeiten für Kulturschaffende: Die institutionelle Förderung aus dem Fonds der kommunalen Kunst- und Kulturförderung, wie sie beispielsweise auch ans Weltecho geht, unterstützt den Betrieb einer Spielstätte. Hierfür muss allerdings jedes Jahr ein neuer Antrag gestellt werden. Eine weitere Möglichkeit ist eine punktuelle Projektförderung, aus der man für bestimmte Projekte Gelder erhalten kann. Beide Modelle stehen also jedem offen, was ja schon mal gut ist. Beide Fördermöglichkeiten verlangen allerdings auch viel Eigeninitiative, viel Recherche, viel Bock auf Bürokratie. Jetzt kann man sagen: Klar, wer Geld haben will, der muss sich auch kümmern. Aber könnte man es Musikclubbetreibern da nicht auch ein bisschen leichter machen, zum Beispiel indem man auch mehrjährige Förderungen zulässt, wie aktuell in der Theorie noch nicht möglich? Oder indem man auch Clubbetreibern Chancen auf Förderung einräumt, die keine Zeit haben, sich durch 400-seitige Förderrichtlinien zu wühlen und hochtrabende Anträge zu formulieren?

Die neue Kulturstrategie 2018-2030 der Stadt möchte da nach eigenen Aussagen Sicht auf Besserung versprechen. Im öffentlich auf der Internetseite der Stadt Chemnitz einsehbaren Entwurf erträumt man sich „neue, transparente und flexible Fördermöglichkeiten“. Bis 2030 soll für Kulturschaffende Planungssicherheit geschaffen werden, die gleichzeitig Experimentierräume öffnet. Mehrjährige Förderungen sollen ebenso ermöglicht werden wie neue, niedrigschwellige Förderansätze. Ob die Stadt nun aber tatsächlich verstanden hat, was die Clubs brauchen, um in Zukunft ein abwechslungsreiches und anspruchsvolles Programm auf die Beine zu stellen, das wissen wir nicht. Vielleicht wäre ein ganz neuer, mutiger Ansatz wie der der Stadt Hamburg auch für Chemnitz eine gute Idee – und durchaus angemessen für eine zukünftige Kulturhauptstadt.

Text: Lisa Kühnert

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