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Vom Sonnenberg ins MOMA

Chemnitzer Fotograf stellt in New York aus

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Andrzej Steinbach hat während seiner Chemnitzer Schulzeit auch mal ein Foto für das 371 gemacht. Nächstes Jahr hängen seine Fotografien im Museum of Modern Art in New York. Ein guter Zeitpunkt für uns, einmal zu fragen, was ihn antreibt.

Wann hast du deinen ersten Fotoapparat besessen?
Den ersten mit sechs Jahren, den zweiten mit 16. Ab da habe ich mich dann ernsthaft mit Fotografie beschäftigt.

Und ging es dann gleich los mit der Kunst?
Natürlich nicht gleich. Ich habe mich erst 2005 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst für ein Fotografiestudium beworben. Mit der Zeit kamen die ersten Ausstellungen, Publikationen und Auszeichnungen.

Warum gerade Foto und nicht Öl, oder Film?
In meiner künstlerischen Praxis beschäftige ich mich auch mit anderen apparitven Medien wie Film oder Sound. Aber auch freie künstlerische Formate sind ein interessantes Feld für mich. In Chemnitz war ich zum Beispiel für ein paar Jahre lang am Opernhaus Statist und habe an diversen Stücken mitgewirkt. Fotografie ist einer meiner Hauptschwerpunkte, dabei spielen aber auch andere künstlerische Praktiken eine wichtige Rolle für mich.tl_files/371/images/Magazin/2017/November 2017/Redaktion/bild05Portrat_klein.jpg

Einige deiner Reihen vermitteln eine gewisse Härte. In Haltung und Mimik der Models - oder in der der Steine. Ist das dein Blick auf die Welt?
Soziokulturelle Einschreibungen, Kultur und Geschichte und deren Bedeutung für Individuen und deren Identitätsbildung sind das zentrale Interesse meiner künstlerischen Arbeit. Das Porträt und seine ideologischen Gebrauchsweisen sind dabei immer wieder ein Angriffspunkt, um zu Aussagen über Verfassung und potentieller Veränderung von Gesellschaft zu kommen. Von einem Blick auf die Welt zu sprechen wäre ein bisschen kurz gedacht. Es geht mir viel mehr darum eine Haltung zu den Bildgegenständen zu skizzieren und Bilder zu schaffen, die in sich ein Potential tragen, die Wahrnehmung von Welt aufs neue zu befragen.

Dann sind da Bilder, die in der Ästhetik an amerikanische Problemviertel wie man sie bspw. aus Simmons' „The Wire“ kennt, erinnern. Hat deine Chemnitzer Jugend da Einfluss gehabt? Die USA als Sehnsuchtsort, wo es aber auch irgendwie nicht schöner ist als im Heckert?
Eine interessante Frage, die ich glaube so in Kürze nicht beantworten kann. Aber sicherlich haben spezifische Orte, Einflüsse aus Pop- und Subkultur und Erfahrungen dazu beigetragen meine künstlerische Praxis zu formen. Im Heckert war ich eher selten. Ich bin auf dem Sonnenberg aufgewachsen, meine Eltern leben immer noch da. Ein schöner Stadtteil, der sich über die vielen Jahre verändert hat und für mich aktuell das Potential hat in sozialen und kulturellen Fragen viele Dinge neu zu verhandeln.

Im nächsten Jahr sind Arbeiten von dir im MoMa zu sehen. Wie kam es dazu?
Ich publiziere die meisten meiner Bücher über den Spector Books Verlag in Leipzig. Die haben in den letzten Jahren ein weltweit gutes Vertriebsnetz aufgebaut und konnten sich mit konstant guten und wichtigen Publikationen einen Namen machen. Die Kuratorin vom MoMA hat vor einem Jahr im New Yorker Buchladen Printed Matter eins meiner Bücher gekauft und meine Arbeit seitdem beobachtet. Als sie für das Jahr 2018 eine Ausstellung zum Thema "Being" Positionen aus der ganzen Welt gesucht hat, hat sie mich nach aktuellen Arbeiten gefragt.

Ist man da nicht fertig mit der Künstlerkarriere?
Ich hoffe nicht. Fertig bin ich, wenn ich nichts mehr zu sagen habe.

Wo würdest du deine Bilder gern noch sehen? Museen, Magazine, Instagram?
Darüber denke ich eigentlich nicht wirklich nach. Das Entscheidende ist: weitermachen!

tl_files/371/images/Magazin/2017/November 2017/Redaktion/bild02_steinbach_klein.jpgNoch ein Gedankenspiel zum Schluss: Hat man unendlich viele Affen an Schreibmaschinen, schreibt irgendwann einer Hamlet. Nun gibt es schon 2,5 Mrd. Menschen mit Smartphones. Ist bald alles fotografiert?
Ich glaube nicht, dass es heute darum geht etwas zu fotografieren, was noch keiner fotografiert hat. Für wichtiger halte ich eher die Frage, nach dem WIE wir heute die Dinge in Bildern erscheinen lassen. Ein Grundpfeiler der zeitgenössischen Bildproduktion muss das lesen und verstehen von Bildern sein. Kontext, Adressatinnen und Haltung sind in meinen Augen wichtiger als die Suche nach neuen Bildgegenständen.




Info:[nbsp] Andrzej Steinbach wurde 1983 in Czarnkow/Polen geboren und lebte ab etwa 1985 In Karl Marx Stadt, wo er am Kepler Gymnasium sein Abitur machte. 2004 zog er nach Leipzig. Nach Stationen in Luxemburg und Wien landete er in Berlin, wo er heute lebt und arbeitet.

Interview: Michael Chlebusch

Bild oben/Teaser:
Ausstellungsansicht "Handlungsanweisungen" 2016, Galerie Conradi, courtesy Andrzej Steinbach, Galerie Conradi, Hamburg, Brüssel

Bild Mitte: Promofoto Andrzej Steinbach - Foto: Tom Parker

Bild Unten: untitled, (Figur II), 2015 aus Figur I, Figur II, Andrzej Steinbach - courtesy Andrzej Steinbach, Galerie Conradi, Hamburg, Brüssel


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