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Die Foodsharing Evolution

Wenn aus Teilen Retten wird

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Essen gehört auf den Tisch und in den Magen. Vieles davon landet jedoch noch genießbar bereits vor unserer Haustür in der Tonne. Ein engagiertes Team aus Chemnitz will diese Verschwendung nicht hinnehmen und treibt nun als regionale foodsharing-Gruppe die organisierte Lebensmittelrettung mit Hilfe lokaler Betriebskooperationen voran.

Fehlentwicklungen begegnet man am besten mit eigenem Engagement und frischen Lösungen. Im Bereich der Lebensmittelverschwendung hat sich foodsharing als internationale Bewegung das Ziel gesetzt, ein klares Bewusstsein für die Auswüchse unserer Wegwerfgesellschaft zu schaffen. Daneben will es Ansätze für einen gelungeneren Umgang mit Lebensmitteln aufzeigen. Wo der Fokus anfangs noch auf der privaten Schenkung von genießbaren aber nicht mehr benötigten Lebensmitteln lag, hat sich der Anspruch nun deutlich erweitert. Durch einen Zusammenschluss mit den Aktivisten hinter Lebensmittelretten wurde die Ende 2012 gestartete Plattform www.foodsharing.de um die Idee der Handelskooperationen erweitert. Die vormals tätigen Foodsharer schließen sich dabei in lokalen Teams zusammen und suchen als Foodsaver den direkten Kontakt zu möglichen Kooperationspartnern wie Groß- und Supermärkten, Bäckereien oder der Gastronomie.

Denn was scheint effektiver als der direkte Draht zu den großen Akteuren der Lebensmittelbranche? Das bekannte Label „foodsharing“ hilft dabei, auf Unternehmerseite erste Skepsis zu überwinden. Ist dies gelungen, bestimmt ein Betrieb den möglichen Umfang für ihn nicht mehr verkaufsfähiger Lebensmittel zur Weitergabe. Zusammen mit dem offiziellen Betriebsverantwortlichen auf Seiten von foodsharing klärt der Kooperationspartner dann Details wie Rhythmus und Zeiten der Übergabe. Die regionale foodsharing-Gruppe organisiert währenddessen ein Aktionsteam für den jeweiligen Betrieb, sodass eine regelmäßige Abholung sichergestellt ist. Nach der Abholung wird das gerettete Essen im privaten Kreis verteilt. Dass diese neue Ausrichtung Zuspruch findet, beweisen bereits über 1.700 Kooperationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Bei über 1.000 Abholungen pro Woche und 7.600 Foodsavern in 200 Städten ist damit eine schlagkräftige Bewegung gegen Lebensmittelverschwendung herangewachsen.

Global denken, lokal schenken.
Durch den gemeinsamen Wunsch nach Veränderung hat sich nun auch in Chemnitz ein engagiertes Team aus Foodsavern zusammengeschlossen. Über ein lokales Hausprojekt lernten sich die ersten Foodsharer kennen und beschlossen, dass es definitiv auch Zeit für ein aktives Retten sei. Als gemeinsame Motivation nennt Organisatorin und Helferin im Kernteam Charlotte Dase „unsere Verantwortung in der Gesellschaft dafür, die Umwelt auf nachhaltige Weise zu schützen und dementsprechend unseren Verbrauch ressourcenschonend zu gestalten“. Kollegin Nine Göttling ergänzt, dass „foodsharing eine Plattform für meinen Lebensstil bietet, keine Ressourcen in meinem Namen züchten zu müssen, nur damit sie dann wieder im Müll landen“.[nbsp]

Durch die Einführung eines offiziellen Fair-Teilers, dem zentralen Ort zur kostenlosen Lagerung und privaten Weitergabe von Lebensmitteln, nahm das Engagement dann schnell auch konkrete Formen an. Erste wichtige Beziehungen wurden geknüpft und ein Kooperationsnetzwerk aufgebaut. Zum jetzigen Stand weist foodsharing Chemnitz damit fünf aktive Betriebe aus, welche eine kostenfreie Abholung Ihrer nicht mehr verkaufsfähigen Lebensmittel unterstützen. Hier zeigt sich auch, dass viele Unternehmer eine generelle Offenheit für das Thema mitbringen. Die Gründe hinter großen Mengen noch genießbarer aber trotzdem aussortierter Lebensmittel sind demnach vielfältig. So bleiben bei gastronomischen Betrieben im Zuge der Speisenzubereitung viele Lebensmittel ungenutzt. Das Diktat der perfekten Frische lässt wiederum schnell Neues nachkaufen. Ähnlich geht es Bäckereien, welche Backwaren vom Vortag kaum verkauft bekämen.
Auch im Bereich des Einzelhandels hat sich der Kunde an perfekt inszenierte Lebensmittel im Obst- und Gemüsesegment gewöhnt. Einzelne Objekte mit Druckpunkten oder Dellen bleiben dabei auf der Strecke und landen irgendwann im Müll. Die bis kurz vor Ladenschluss lückenlos gefüllten Regale führen zu vielen Lebensmitteln, welche über Nacht liegen und dabei die geforderte Makellosigkeit einbüßen. Handelt es sich wiederum um Waren mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum, so werden diese mit Ablauf oder bereits kurz davor aus dem Verkehr gezogen. Dabei gibt dieses MHD nur die vom Hersteller garantierte Unbedenklichkeit an. Ein Verzehr ist in den meisten Fällen auch Tage bis Monate später noch risikofrei zu empfehlen.

Jeder Schritt ein wichtiger.
Dieses Anspruchsdenken an unsere Nahrung jedoch grundlegend zu ändern ist ein weit entferntes Ziel. Ein geeignetes Vorgehen auf dem Weg dorthin ist demnach die bestmögliche Nutzung der bereits hergestellten Lebensmittel. Denn welche Entfernungen, Kosten und Arbeit die Herstellung von Lebensmitteln umfasst, steht in keinem Verhältnis zur der Bedenkenlosigkeit, mit der sie teils weggeworfen werden. Der Ansatz foodsharings vom Retten und Teilen ist dabei stets mit dem erklärten Ziel der Geldfreiheit verknüpft. Damit wird der Wunsch nach geretteten Lebensmitteln von individuellen finanziellen Möglichkeiten entkoppelt und ist bedingungslos möglich.

Viele Hände, schnelle Wende.
Die Arbeit der Chemnitzer Foodsharer zeigt somit viele Facetten und spiegelt das große freiwillige Engagement wider, welches dahinter steckt. Die Professionalisierung innerhalb des Teams schreitet konstant voran, sodass sich die bisherigen Betriebe stets zufrieden mit Kooperationen zeigen. Um das Thema foodsharing auch dauerhaft in Chemnitz zu verankern, ist jedoch die Hilfe weiterer Unterstützer dringend notwendig. Betriebsverantwortliche Kati Hennig wünscht sich daher „Menschen, die Lebensmittel abholen und sortieren, sich um die Organisation von 'foodsharing Chemnitz' kümmern, Events planen, neue Fair-Teiler aufbauen, gern mit anderen Menschen kochen, Ideen umsetzen und bedingungslos teilen wollen“. Zeit also, selbst die Ärmel hochzukrempeln!

Text und Foto: Benjamin Kühne

Alles Wissenswerte für:
Zukünftige Foodsharer [&] Foodsaver auf www.foodsharing.de
Interessierte Kooperationspartner unter foodsharingchemnitz@gmail.com

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