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Lars telefoniert mit dem Teufel

Wohnt der Teufel in Chemnitz?

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Wohnt der Teufel in Chemnitz? Getarnt als Gutmensch, Szene-Sugardaddy und Stadtrat? Das klingt absurd, wenn da nicht die Fledermäuse wären.

Eigentlich begann es mit einer dieser Küchentischdiskussionen. „Der Fassmann kauft ein Haus nach dem anderen. Die halbe Zietenstraße gehört dem schon. Das ist doch nicht normal.“ „Nein, der ist schon ok. Das macht er für Chemnitz.“ Nö, ja, nein. Und plötzlich sagt eine am Tisch „Fledermäuse. Schaut euch doch mal die Fledermäuse an der Augustusburger 102 an, ich meine, da wird einem doch alles klar.“

Tatsächlich. Riesige Gips-Mäuse zieren zwei Fenstergiebel. Trotzdem scheint sie kaum einer wahrzunehmen. Als Hobby-Historiker ergoogle ich das Phänomen, fündig werde ich kaum. Zierende Tierornamente gibt es in vielen Architekturepochen. Die Fledermaus zählt eher zu den Gruselmotiven, die in der Gotik gern zur Darstellung biblischer Höllenszenen an Gotteshäuser gemeiselt wurden. Diese Darstellungen tauchen dann in weniger religiösen Kontexten in der Neogotik wieder auf, also in die Zeit, in der auch das Haus an der markanten Kreuzung erbaut wurde. Andererseits: Sonderlich neogotisch ist das Gebäude nicht. Und warum ausgerechnet Fledermäuse, die insgesamt sehr selten an Hausfassaden zu finden sind?

Das Haus an der Ecke Augustusburger/Clausstraße war das erste im fassmannschen Immobilien-Kaufrausch. Eigentlich wollte es die GGG abreißen lassen, doch der Jungunternehmer kaufte es dem städtischen Wohnungsunternehmen kurzerhand ab. Offiziell ist Lars Fassmann Inhaber einer Software-Firma. Damit soll er zu Geld gekommen sein, welches er statt in schicke Toscana-Villen in heruntergekommene Sonnenberg-Altbauten investiert.

Das könnte wahr sein. Es könnte aber auch anders sein. Da sind wir wieder bei den Fledermäusen. Was wenn die nachtaktiven Blutsauger an seinem Haus auf eine viel tiefer liegende Wahrheit hindeuten? Hat er mit dem Kauf einen Abriss verhindert, der etwas Schreckliches freigelegt hätte? Um die Vermutung konkret zu machen: Befindet sich, liebe Leserinnen und Leser, in der Augustusburger Straße 102 der Eingang zur Hölle, zumindest der von Chemnitz aus? Klefft einem beim Gang in den Keller der dreiköpfige Kerberus entgegen? Entsteigt der angebliche Internet-Millionär jeden Morgen dieser schwefeldampfenden Unterwelt? Viele Fragen. Ich-Lars rufe den Spooky-Lars an.

Hallo Lars, bist du der Teufel? „Weiß ich nicht.“ Wie weiß ich nicht? Schuft! „Aber was ich weiß ist, dass es im Keller einen zugemauerten Raum gibt.“ Aha! „Und tatsächlich liegt vor diesem zugemauerten Raum ein Haufen Asche.“ Nein, nicht wahr, oder? „Und dann hatten wir mal einen Wasserrohrbruch im Keller. Stundenlang lief Wasser aus. Aber als wir in den Keller kamen, war keins mehr da.“ Logisch. In der Gluthitze darunter muss es verdampft sein. „Für die Fledermäuse habe ich keine Erklärung. Aber es sind ja nachtktive Tiere. Vielleicht bewachen sie das Haus. Das funktioniert. Trotz Bombeneinschlag und mehrfacher Abrisspläne steht es immer noch.“

Die These meiner Küchentisch-Freundin ist dadurch nicht entkräftet. Auch ich sehe das Haus im Sonnenlenztal nun mit anderen Augen. Man könnte weiter forschen, aber die Mauer im Keller will ich nicht einreißen. Ich habe Höllenangst. Wobei: Für einen Teufel war Lars Fassmann recht nett am Telefon. Und vielleicht ist ja ein bißchen mehr Unterwelt ganz gut für unsere Stadt.

Text: Lars Neuenfeld


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