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Der Chemnitzer Ressourcenkreislauf

Eine Polemik über das Recycling ungenutzter Ideen

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Chemnitz ist eine Déjà Vu-Stadt. Nein, dieses Mal geht es ausnahmsweise mal nicht um die sozialistischen Wohnblocke im Heckert-Gebiet, die man bestimmt auch schon mal in anderen Städten so oder so ähnlich gesehen hat. Nein, dieses Mal geht es um Ideen und Pläne, Pläne, die immer wieder aus der Schublade geholt werden ohne je eine Chance auf Umsetzung zu haben.


Beispiel gefällig? Der Brühl, das Lieblingssorgenkind der Stadt. 2010 scheint ein gutes Jahr für das dahinvegetierende Wohn- und Gewerbeviertel zu sein. Das Architekturbüro Albert Speer [&] Partner hat einen beeindruckenden Entwurf für eine Achse zwischen Innenstadt und Brühl vorgelegt. Parallel dazu treiben TU Chemnitz und Stadt die Einrichtung eines Innenstadtcampus rund um die leerstehende Alte Aktienspinnerei voran. Beides zusammen könnte zu einer Wiederbelebung des Brühl sorgen. Alles gut? Es geht voran? Vielleicht. Vielleicht blüht den Plänen aber auch dasselbe Schicksal wie allen vorangegangenen.

An Ideen mangelte es in den Jahren seit dem Leerzug des Viertels nicht, die Worte Wiederbelebung und Brühl schienen geradezu miteinander verwachsen, nur die Stadtentwicklung widersprach irgendwie dieser Absicht. Ein Freie Presse-Leser schrieb kürzlich in einem Leserbrief: „Und jetzt ein städtebaulicher Rahmenplan, der nach jahrelangem gegensätzlichem Handeln sagt: ‚Baut die kleinteilige Innenstadt an dieser Stelle weiter.’ Demnach ist in Chemnitz in den vergangenen Jahren, was den Stadtumbau angeht, grundsätzlich die falsche Politik gemacht worden.“ Dem ist nichts hinzuzufügen – außer einem weiteren Beispiel: die Freilichtbühne im Küchwald.

Seit der Schließung aufgrund bauordnungsrechtlicher Vorgaben im Jahr 1991 ist das Thema Küchwald-Freilichtbühne das eine und andere Mal auf dem Schreibtisch von Stadtplanungsamt und Oberbürgermeister gelandet. 1993 verlangte der damalige Stadtrat, der Erhalt der Bühne als Kulturstätte müsse garantiert werden. Fünf Jahre später erarbeitete das Stadtplanungsamt das Konzept „Nutzungsmöglichkeiten Freilichtbühne Küchwald“. Teil des Konzeptes war ein Lärmgutachten, demzufolge sogar Rock-Konzerte – wenn auch mit Einschränkungen – auf der Freilichtbühne möglich wären. Darauf wiederum folgte drei Jahre später die „Rahmenkonzeption für den städtischen Erlebnis- und Erholungsraum Küchwaldpark“ – beide Papiere blieben was sie waren: Konzepte. 2003 verfasste der aus Chemnitz stammende Architektur-Student Andreas Geisler seine Diplomarbeit über die Freilichtbühne und die Chancen diese zu reaktivieren. Die Arbeit stieß auch bei Baubürgermeisterin Petra Wesseler auf Interesse, bei Interesse blieb es dann aber auch.

Im September 2006 richteten die Vereine Oscar und Das Ufer das Festival „Frei+Licht-Bühne“ aus, der bislang letzte Versuch, die Freilichtbühne dauerhaft wiederzubeleben. Der 2009 gegründete „Verein zur Förderung der Küchwaldbühne“ bringt im August und September dieses Jahres das Laientheaterstück „Momo“ auf die Küchwaldbühne. Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) hat die Schirmherrschaft übernommen. Man könnte fast versucht sein, das W-Wort auszusprechen... Was lange währt, wird gut? Der Freilichtbühne im Küchwald und dem Brühl stehen goldene Zeiten bevor. [nbsp]

Text und Foto: Benjamin Lummer

Erschienen im 371 Stadtmagazin 09/10

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