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Mutmaßungen über Arnold

Ein Kommentar zur Rektorwahl

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Bei der Nachfolge des in Ruhestand gehenden Rektors Klaus-Jürgen Matthes machte es die TU diesmal besonders spannend – zumindest bis zur Verkündung der Kandidaten. Doch dann gab es eine Überraschung.

Für die meisten Beobachter schien der Sieger bei dieser Rektorwahl schon vor dem Urnengang festzustehen. Auf der einen Seite Prof. Dr. Arnold van Zyl. Geboren und wohnhaft in Südafrika, keinerlei Stallgeruch von deutschen Hochschulen, zwei Ehrenprofessuren aus China und Südafrika im Titel. Ein Ingenieur und ausgewiesener Automann. Zehn Jahre arbeitete er in Daimlers Forschungsabteilung in Stuttgart, danach war er viele Jahre als Lobbyist für die Automobilbranche in Brüssel unterwegs. Seit 2008 war er Prorektor der Universität Stellenbosch in Südafrika. Auf der anderen Seite Prof. Dr. Wolfram Hardt, seit fünf Jahren Dekan der Fakultät für Informatik, ein Universitätsinsider mit glänzenden universitärem Lebenslauf. Der nächste Karrieresprung zum Rektor schien wie eine logische Konsequenz aus dieser Vita. Doch beim Wahlgang am 18. Oktober siegte der Exotismus über die Seriosität. Arnold Van Zyl versammelte deutlich mehr Stimmen als Wolfram Hardt und war davon, so gab er im Freie Presse-Interview freimütig zu, selbst überrascht. Hinter vorgehaltener Hand mutmaßen Insider nun, dass Hardt am Ende Opfer einer „Stimmung des Misstrauens an der TU Chemnitz“, wie es der Studentenrat ausdrückt, geworden ist.

Ein Knackpunkt scheint dabei auch das Prozedere der Vorauswahl gewesen zu sein (371 berichtete bereits). Bernd Hahn, studentischer Senator und damit auch Mitglied des Gremiums, welches am Wahltag die Entscheidung fällte, nennt das Zustandekommen der beiden Wahlvorschläge „höchst zweifelhaft“. Er verweist u.a. auf Ungereimtheiten bei der Zusammensetzung der Rektor-Findungskommission, übertriebene Anforderungen an die Bewerber und Unterdrucksetzung der Senatoren und Senatorinnen durch die Hochschulleitung. Das einige Wahlmänner und -frauen gerade wegen dieser Vorgeschichte lieber für den großen Unbekannten votierten, scheint zumindest naheliegend.

Doch der fade Beigeschmack dieser Wahl wird verschwinden und dann zählt nur noch die Tatsache, dass die TU Chemnitz mindestens für die nächsten fünf Jahre einen Rektor hat, der noch völlig unbeleckt von universitären Ränkespielchen ist. Das könnte befreiend wirken und sich als große Chance herausstellen. Van Zyls Vita spricht immerhin dafür, dass er bestens vernetzt ist, gute Kontakte zur Wirtschaft pflegt (Stichwort Drittmittelwerbung) und andere überzeugen kann. Das ist wichtig, denn die TU Chemnitz ist wie noch nie zuvor zum gewichtigen Akteur für Stadtentwicklung geworden. Daran wird sich van Zyls Rektorenzeit für Außenstehende am ehesten messen lassen: Macht er der bräsigen Landesregierung Druck, damit die angekündigten Investitionen in den City-Campus auch bald fließen? Wie betreibt er die Entwicklung dieses Universitätsteils überhaupt? Fragen wie diese gibt es viele und keiner kann sie aktuell beantworten. Aber genau das macht es irgendwie spannend.

Text: Lars Neuenfeld [&] Foto: TU Chemnitz / Wolfgang Schmidt

Erschienen im 371 Stadtmagazin 11/11

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