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Räder für Städter

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Design und Fahrspaß finden ihre Verbindung im Urban Cycling. Das Fahrrad als Zeichen von Geschmack und Einstellung seines Besitzers. 371 hat sich auf den Sattel geschwungen um mehr über die Urban Bike-Szene zu erfahren.

Kaum sind die Straßen von Schnee und Eis befreit, lassen sich gewaltige Fahrrad-Corsos ausmachen. Teilweise mit bis zu 60 Teilnehmern (siehe Seite 10). Doch es ist weder eine Demonstration noch eine eingeschworene, kleine Szene die sich hier versammelt und gemeinsam durch die Stadt radelt. Es sind die unterschiedlichsten Menschen auf den unterschiedlichsten Fahrrädern. Woher kommen Sie, woher kommt der neu erblühte Enthusiasmus für die Zweiräder und welcher Fahrrad-Typ ist eigentlich der beste?

Das Fahrrad fristet nicht länger ein Dasein als bloßes Fortbewegungsmittel. Viel mehr ist es Ausdruck der eigenen Vorlieben, der Persönlichkeit und der Zugehörigkeit zu einer erlebnisorientierten Sorte Mensch. Was in anderen deutschen Großstädten schon jahrelang gang und gäbe ist, findet auch in Chemnitz immer mehr Anhänger. Das Rad ist zum Ausdruck einer Haltung geworden und für jeden ist etwas dabei. Egal ob Rennrad oder Mountainbike, egal ob starre Nabe oder 27 Gänge. Der eine liebt das Teilhaben und Mithalten der Geschwindigkeit im Straßenverkehr, der andere die Entschleunigung und das Erschließen von neuen Transportwegen abseits der Straße.

Christoph Weiser mag die Geschwindigkeit nicht. Seit zwölf Jahren fährt er Trial-Rad, sowohl motorisiert als auch mit der Kraft des eigenen Antriebes und BMX. „Mit meinem Trial-Rad kann ich mich überall bewegen. Damit bin ich quasi der Chef abseits der Straße“ so Weiser, der bereits 1999 als Kind ostdeutscher Meister im Trial-Motorrad war. Dabei geht es vor allem um Geschicklichkeit. Das Überwinden von künstlich angelegten Parcours oder in der freien Natur über Feld-, Wald- und Wiesenwege. „Deshalb habe ich das BMX-Fahren auch wieder sein gelassen, weil ich damit immer in eine künstlich erschaffene Umgebung muss. Das brauche ich beim Trial-Fahrrad nicht, da kann ich alles mitnehmen was kommt.“

Anders als der eingefleischte Fixed-Gear-Fahrer Denny Naumann, der bereits seit fünf Jahren überzeugter Anhänger der starren Nabe ist. Ein Fixie-Fahrrad besitzt nur einen Gang und auch keinen Leerlauf. Gebremst wird mit der Kraft der Beine oder mit einer handelsüblichen Handbremse, je nach Belieben. Für Naumann sind die Vorzüge eines Fixies recht simpel: „Es ist eine ehrliche Art der Fahrrad Fortbewegung. Ohne großen Schnick-Schnack, ohne Schaltung und nur ein einziger Gang der dich überall hinbringt.“ Ob das Fahren ohne Bremse gefährlicher ist solle jeder für sich selbst entscheiden. Denny Naumann ist der Auffassung man fahre ohne Bremse konzentrierter und vorausschauender. Ständig sei er gewappnet, sollte etwas passieren.

Abseits der Straße, auf meterhohen Rampen oder in einem extra angelegten Pool ist Eric Heim in seinem Element. Seit seinem 16. Lebensjahr fährt er mit seinem BMX und sucht nach Herausforderungen. „Beim Fixie fahren ist doch so: man fängt damit an und probiert ein bisschen rum bis man im Stande ist zu bremsen und damit zu fahren. Wenn ich BMX fahre, muss ich immer wieder üben um Hindernisse zu überwinden oder Tricks zu machen. Ich muss immer dran bleiben“ kommentiert Heim seine Leidenschaft zu der sehr trickorientierten Art Fahrrad zu fahren. Auch schätze er die Szene der BMX'er sehr, die momentan wieder mehr Nachwuchs für sich begeistern kann.

Ein Freund der Geschwindigkeit und der urbanen Art des Fahrradfahrens ist Torsten Melzer. Seit einem knappen Jahr ist er vom Fixie-Fieber befallen. „Schon als kleiner Junge bin auf meinem Mifa-Klapprad durch die Gegend gefahren. Dazu habe ich auch kein Ziel gebraucht, ich bin einfach stundenlang durch Chemnitz geradelt“ sagt Melzer. Den Vorteil an der starren Nabe sieht auch er in der konzentrierter Fahrweise, die man an den Tag legen müsse um sich auf etwaige Gefahrensituationen einzustellen. „Außerdem ist man schneller und es sieht cooler aus.“

Cool aussehen ist auch Josefine Kyek wichtig. Sie bevorzugt eher die gemütliche Fahrweise. Ihr mit Liebe aufbereitetes Diamant-Damenrad würde sie nie gegen eine sportlichere Variante eintauschen. „Ich nutze das Fahrrad ja größtenteils um damit auf Arbeit zu fahren oder zum einkaufen. Da wäre jedes andere Rad sehr unpraktisch für mich.“ Auch wenn ihr Damenrad nicht das schnellste auf den Chemnitzer Straßen ist, ein Hingucker ist es auf jeden Fall. „Wenn ich mir wieder ein Damenrad zulegen würde, müsste es auch wieder mindestens so schön aussehen. Also mir geht es nicht ausschließlich um Funktionalität. Ich finde meinen blauen Rahmen und die dazu passenden weißen Reifen im Gesamtbild auch ganz hübsch.“

Auf den breiten und leeren Chemnitzer Straßen ist in jedem Falle genügend Platz für Fahrräder jeglicher Couleur. Die Motivationen der einzelnen Fahrer, warum sie ihr Fahrrad benutzen, ist so unterschiedlich wie die jeweiligen Räder selbst. Ob als cooles Statussymbol, kostengünstiges Fortbewegungsmittel oder Mittel zum sportlichen Wettstreit: Das Velo erobert sich die Stadt zurück. Ganz langsam auch in Chemnitz.

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Erschienen im 371 Stadtmagazin 05/13

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