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Johanna geht spazieren

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Es gibt Orte in Chemnitz, die sind tatsächlich schön, und deshalb fast schon wieder hässlich. Der Schlossteich könnte so ein Ort sein. Oder besser: Er ist so ein Ort.

Ein Paradies für dauergestresste Sommerfrischler, die sich an Sonntagen das Burnout von der Seele radeln wollen, zum Beispiel. Ein Treffpunkt für die Jugend auch, ein Ort für interkulturelle Begegnungen und Einweggrills. Und für unbeseitigte Müllberge. Kurzum: Der Schlossteich ist das Kleinvenedig von Chemnitz – es ist schmutzig, es stinkt, trotzdem kommen alle hin.

Das Gewässer ist mit Schwanenbooten überfüllt wie die Adria-Küste mit Kreuzfahrtschiffen, die Insel droht wegen Überfüllung zu sinken und alle essen Eis. Im Sommer 2016, das ist lange her, erlebte das Rimini des Ostens einige Erschütterungen: Pokemon-Go-Kids (erinnert sich noch jemand?) belagerten die Insel, ein russisches U-Boot tauchte plötzlich auf, eine flauschige Schwanenfamilie hängte den baumgerahmten Blick auf Schloss und Esse als beliebtestes Fotomotiv ab – und Runkel ruderte im aufreizenden Retro-Einteiler. Doch der Sommer ist längst gegangen, und hat nichts hinterlassen als[nbsp] verschlammte Erde. Welke Blätter und Matsch. Am Schlossteich ist jetzt keiner mehr, außer ein paar verlorene Seelen mit Nordic Walking-Stöcken, Einweggrill-Hardliner und Hundehalter; die Eistheken sind verriegelt, der Bootsverleih hat geschlossen, es stinkt nach Fisch.

Wenn man sich mal so richtig einsam fühlen will, gibt es dafür viele Orte in der glattbetonierten Stadt der Moderne, und der Schlossteich im Herbst ist definitiv einer davon – sogar das Wasser ist dann weg und mit ihm auch die Enten. Aus der Copacabana von Chemnitz wird das neue Conti-Loch, für alle, die das alte auch ein bisschen vermissen. Im grauen Matsch zeichnen sich die Überbleibsel des Sommers ab. Der Blick auf den Grund des Schlossteiches ist auch der Blick in die Seele der Stadt: Bierdosen, Autoreifen, ein Fahrrad (hoffentlich ein Fixie), ein Papierkorb, jede Menge Müll, ein blau-weißer Badeanzug blitzt auf im schlammigen Grau. Vielleicht sind hier ja auch die größten Skandale und Sagen der Stadt begraben. Ein Chemnitzer Blog vermutete bereits im Frühjahr folgendes auf dem Grund des kleinen Chemnitzer Weltmeeres: „Ein Schatz von zwei Milliarden Euro Dosenpfand, Körperteile von Menschen, die Schulden bei Kellnberger haben, die Guilty Pleasures von Jan Kummer, eine Fliegerbombe, Ingo Steuers Stasi-Akte, das Betonsteinzimmer und mindestens ein Rollator.“ Ein Spaziergang um den wasserlosesten Teich seit dem urbanen Gewässer vor der Stadthalle lohnt sich also auch im Herbst. Dann vielleicht sogar ganz besonders.

Text: Johanna Eisner Foto: André Koch


Von Ecken und Enden: Am Ursprung
Eigentlich relativ unspektakulär. Hier, so am Ursprung. Hier, wo im Jahr 1136 mit der Gründung eines Benediktinerklosters gleichzeitig die Geschichte von Chemnitz beginnt.

Nina zieht um
Chemnitz hatte bis in die Neuzeit einen Türmer. Nun ist das Amt verwaist. Für Nina Anlass genug, mal über ihre Zukunft nachzudenken.

Michael schlägt den Bogen
Also wenn die Chemnitzer Museumslandschaft die Fanta Vier sind, dann ist das Schlossbergmuseum Andy Y. Während die anderen drei ständig im Rampenlicht stehen, sitzt das Schlossbergmuseum unauffällig im Hintergrund und haut die Baselines raus, die das Ganze zusammenhalten.

Jan und der Nasenbrunnen
Ist der blumige Brunnen auf dem Schlossberg das Ergebnis von Erich Honeckers Schnupfen? Vielleicht.

Lars hat Schmerzen
Jährlich gibt die AOK einen Gesundheitsbericht heraus. Daraus könnte man doch einen Artikel machen: Schockierend! So krank ist Chemnitz wirklich!

Szymmi geht zur Gastro um die Ecke
Das Fachwerk-Viertel am Schlossberg gilt als Chemnitzer Bermuda-Dreieck der gutbürgerliche Gastronomie. Szymmi speiste hingegen im Gastro-Eck, nur 100 Meter entfernt, und fand eine ehrliche Hausmannskost.

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