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Johanna und der schlechte Atem

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Gefahr ist keine Frage der Dunkelheit. Und auch keine der Uhrzeit. Gefahr ist das mulmige Gefühl, das man seit einiger Zeit schon an der Zenti hat. Die Schlagzeilen über Schlägereien häufen sich: Massenprügeleien, Raubüberfälle, gewaltbereit gezückte Messer.

Eskalation in den Abendstunden: Zwischen dem Surren der Busmotoren und dem Hochklappen der Bürgersteige treffen verschiedene Realitäten und Nationalitäten aufeinander und verstehen sich nicht immer gut. Nur wäre die Zentralhaltestelle nicht die Zentralhaltestelle, wenn es hier tagsüber groß anders wäre. Sie ist das Bahnhofsviertel von Chemnitz: Wer kann, meidet den zugigen Sozial-Schlauch zwischen Chemnitz-Plaza und Galeria Kaufhof und weicht großzügig über Johannisplatz oder Brückenstraße aus – eine echte No-Go- statt eine gemütliche Coffee-to-go-Area. Der Stadtrat bastelt unterdessen an einem verschärften Sicherheitskonzept. Wachdienste sind im Einsatz, vor allem nachts. Die Gefahr lauert besonders an den beiden Ecken (McDonalds/Richter) wo sich abends die Stadt-Stars zum Trinken treffen. Wir waren an einem Donnerstag dort, gegen Nachmittag, und haben Eindrücke auf uns prasseln lassen. Es ist Sommer, es regnet, in wenigen Stunden spielt „Die Mannschaft“ gegen Polen. Am Marktplatz werden eifrig Dixies gerückt und Zapfhähne poliert. Das Zenti-Leben pulsiert derweil zwischen Billigläden und Bockwurst-Duft, und steht immer wieder mal kurz vor der Herzattacke: Jemand grölt, jemand drängelt, jemand ist wütend, betrunken oder auf Crystal. Dann wird es wieder ruhig, und der ganz normale Nahverkehr nimmt seinen Lauf. Menschen tragen gemeinsam mit ihren Deutschlandfahnen National- und Braustolz spazieren, gesichtstätowierte Brötchenräuber treiben ihr Unwesen im „Backhaus“, es riecht nach Thai-Curry und Tschibo-Kaffee. Vor dem McDonalds versammeln sich halbstarke Teenie-Helden und Mädchen mit buntgefärbten Haaren und nuckeln an ihren Cokes. Das ist vermutlich in jeder Stadt so, und wenn man sich in Chemnitz jetzt daran stört, dass Jugendliche vor einer Fastfoodkette abhängen, hätte man sich eher überlegen können, welche Läden man hier ansiedeln lässt. Die meisten Menschen sind ohnehin nur hier, um sich entweder Wurst bei der Fleischerei Richter zu besorgen oder einfach nur umzusteigen. Busse und Bahnen rollen an und wieder weg, die Kunden mit den Käppis und den Jogginghosen aber bleiben stehen, stundenlang, sie haben Bier, sie haben Kirsch, mehr braucht man nicht: Zenti-Gedeck. „Eigentlich bin ich auch Russe“, sagt einer von ihnen, „mein Opa kommt nämlich aus Ostpreußen.“

Mittendrin zieht jemand einen Koffer hinter sich her, so als wäre Chemnitz eine abgehetzte Rollkoffer-Metropole, dabei ist die Stadt mehr so der Rollatoren-Typ. Der Rollatorenverkehr rollt jedenfalls zähflüssig an der Zenti. Die Zentralhaltestelle bietet einen Querschnitt der Chemnitzer Bevölkerung, könnte man sagen, komprimiert in einem zugigen Durchgang. Leider ist sie aber meistens ein soziales Sieb, das die Spreu vom Weizen trennt. An der Zenti kann man sich unmöglich wohl fühlen: Sie ist die hässliche Fratze der Chemnitzer Innenstadt oder vielmehr ihr zahnloser Mund mit schlechtem Atem.

Text: Johanna Eisner, Foto: Maik Irmscher


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