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„Ich will das die Leute reagieren.“

Jan Soldat liebt Filme

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Ein streitbarer Dokumentar-Kurzfilm des Chemnitzer Regiestudenten Jan Soldat hat es in den Wettbewerb der Berlinale geschafft – als einer von 26 Filmen aus 2500 Bewerbungen! Lars Neuenfeld sprach mit dem 25-jährigen über Sex, Bingo und Videos.

Hallo Jan, in deinem neuen Dokumentarfilm „Geliebt“ geht es um Sex mit Tieren. Wie bist du darauf gekommen?
Nein, es geht nicht vordergründig um Sex mit Tieren sondern um Menschen, die eine Beziehung zu ihren Hunden haben. Ich habe mal einen Dokumentarfilm aus den USA gesehen, da ging es um ein ähnliches Thema. Der Film war sehr düster und ich habe mich danach regelrecht unwohl gefühlt. Was mich aber interessiert hat, war, wie diese Menschen sind, was sie empfinden.

Wie schwer war es, die Protagonisten zu überreden, vor die Kamera zu treten?
Anfangs sehr schwer. Ich habe in verschiedenen Internetforen ganz offen mein Anliegen geschildert. Zunächst schlug mir aber viel Misstrauen entgegen. Einige wollten dann mitmachen, aber selbst nicht zu sehen sein. Das kam für mich nicht in Frage. Mit den beiden Männern, die nun in „Geliebt“ zu sehen sind, war es dann aber recht unkompliziert. Allerdings stehen sie durch die Berlinale-Aufführung nun in einer überraschend großen Öffentlichkeit, was durchaus gefährlich für die beiden sein kann. Aber beide stehen hinter mir und ich hinter ihnen. Trotzdem ist mir nicht ganz wohl dabei. Um sie bestmöglichst zu schützen, haben wir ihre Namen aus dem Abspann genommen. Wie wir uns bei den Vorführungen verhalten, müssen wir sehen.

Seit 2008 studierst du Regie an der Filmhochschule Potsdam. Wie haben deine Kommilitonen auf „Geliebt“ reagiert?
Positiv. Einige waren wohl auch überrascht, dass ich so sensibel mit dem Thema umgegangen bin.

Stimmt es, dass du zum Geldverdienen hin und wieder bei Pornodrehs assistierst?
Ja, aber mittlerweile mache ich das nicht mehr. Es ging auch nicht ums Geldverdienen, ich habe nämlich nichts dafür bekommen.
Ich hatte mir eher versprochen, einen Ausdruck für Sexualität zu entdecken, den ich für meine Filme noch suche. Aber da war nichts. Das ist ein sehr komisches Business. Oberflächlich, schnell gedreht – wie Pornos eben so sind. Ich will in meinen Filmen keine fickenden Menschen zeigen, sondern Körper und Menschen, die sich anhand ihrer Sexualität ausdrücken und dadurch miteinander in Beziehung treten.

Auf YouTube gibt es ein Video, in dem du ziemlich hemmungslos versuchst, Bahnhofspassanten zu ärgern. Woher diese Lust am bewussten Provozieren, die ja auch deine Filme kennzeichnet?
Provozieren verstehe ich da eher als ein Herauslocken, es geht mir generell nicht um Schockeffekte. Ich will eher fordern, ich will das die Leute reagieren. Bei der Bahnhofsübung ist das aber eher Spaß und nicht so kritisch und ernsthaft wie bei dem Hundefilm. Ich bewirke eben auch gern Zustände wie Unsicherheit oder Überforderung, dieses „Was soll ich jetzt fühlen?“. Mir geht es ja selbst oft so.

Jan, du bist ein leidenschaftlicher Bingospieler. Viele Menschen behaupten, Bingo sei das langweiligste Spiel auf Erden. Was begeistert dich daran? Bingo ist doch geil. Von wegen Langeweile, schließlich ist es ein harter Kampf um die Bingokrone.

Erschienen im 371 Stadtmagazin 02/10

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