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Studentische Initiativen zwischen Enthusiasten und Nachwuchsmangel

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Was macht das Campusleben aus? Etwa die vollgestopften Hörsäle, eine nach Bratfett riechende Mensa oder die flüsterstillen Bibliotheken? Mag ja sein, dass all das irgendwie auch zu Uni gehört. Aber ein richtiger Campus braucht eben mehr. Seine Attraktivität kommt auch und vor allem mit einer Vielzahl von Angeboten, die Studis Möglichkeiten bieten, sich abseits ihrer Seminare selbst zu verwirklichen, ihren Interessen nachzugehen und schlummernde Talente zu wecken. Das Chemnitzer Uniumfeld bietet hier ein breites Spektrum: von der Kellerkneipe bis zur Modell-UN, vom Spritsparmobil bis zum Filmclub. Und alle haben sie eins gemeinsam: Es gäbe sie nicht ohne engagierte Studenten.

Auf etwa 70 studentische Initiativen kommt André Kawelke vom Studentenrat bei seiner aktuellen Zählung, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Als Initiative bezeichnet er einfach jeden Zusammenschluss von Studenten, die ein gemeinsames Ziel verfolgen. Und wenn er beginnt sie einzuteilen und dabei immer neue Kategorien aufmachen muss, wird sichtbar, wie vielfältig diese Ziele sind. Es gäbe da die Fachgruppen der Studienrichtungen, die politischen Hochschulgruppen, parteilich und überparteilich, die[nbsp] kulturellen, die technischen, die wirtschaftlichen, die religiösen … für alle organisiert André Kawelke derzeit wieder den Initiativentag des StuRa, zu welchem alle Initiativen eingeladen sind, sich mit Ständen und Aktionen ihrem potentiellen Zielpublikum zu präsentieren. André Kawelke, der selbst Mitglied im Firmenkontaktmesse-Verein „chemnitz contact“ ist, findet solches Engagement wichtig. Wer wirklich motiviert ist, der könne auch etwas bewegen, sagt er. Mit der Motivation ist das allerdings oft so eine Sache auf dem Campus, weiß Marc Gork vom Vorstand des Campusradio UNiCC.

Ein Radio von Studenten für Studenten, sollte ein Medium mit hoher Ausstrahlung sein, doch vor einem Jahr gab es auch bei UNiCC eine personelle Durststrecke. Damals gingen viele Mitglieder, die gleichzeitig angefangen hatten, weil das Leben sie einfach vom Campus zog. Die Lücke konnte inzwischen geschlossen werden und von Musikredaktion bis Moderatorenpool ist das Radio wieder gut versorgt – was unter anderem an den Aktivitäten des Vereins liegt. Orientierungswochen-Aktionen und Tage der offenen Tür holen die Erstsemester ins Radio. Denn von alleine, so Marc Gork, fände fast keiner zu ihnen.

Sogar auf dem Mensavorplatz ernte er manchmal fragende Blicke, wenn er vom Uniradio spricht, das seine Leuchtreklame direkt gegenüber aufgehängt hat. Die frisch angekommenen Studenten müssen eben auch erst einmal klar kommen, auf ihrem neuen Campus, so Marc Gork.

Ein Bachelorstudium lässt dafür jedoch nicht allzu viel Zeit. In der Einführung der kurzen Studiengänge sieht auch André Kawelke einen Grund für die rückläufige Zahl engagierter Studenten. Ein Jahr Zeit, um in das Studium zu finden, ein Jahr Zeit, sich zu engagieren und ein Jahr um rechtzeitig fertig zu werden, rechnet er vor. Und tatsächlich fällt auf, dass die großen Initiativen fast ausschließlich aus Zeiten der Magister und Diplome stammen. Damals erstritten sich Studenten Räume, etablierten Strukturen und brachten auch völlig größenwahnsinnig erscheinende Ideen wie Deutschlands längsten Staffellauf auf den Weg. Die meisten von ihnen gibt es noch, manche aktiver, einige weniger, doch neue Vereine gründen sich nur noch selten an der TU.

Auf Bologna kann man die aktuelle Situation des English Club allerdings nicht unbedingt schieben. Der English Club ist eine der acht kulturkreisspezifischen Gruppen des Club der Kulturen am Campus und ihm fehlen derzeit die Organisatoren. Bis vor kurzem konnte Clubchef Karsten Mahlberg hier noch auf vier Helfer zählen, derzeit sind sie durch Auslandsaufenthalte oder Studienortwechsel noch zu zweit. Und auch Karsten Mahlberg selbst steht vor seiner Prüfungszeit – für die Organisation und Durchführung von Themenabenden bleibt da wenig Raum. Dabei hat die Anglistikprofessorin Cecile Sandten sogar im Studiengang für den Club geworben und bot Masterstudenten an, das Engagement anstelle einer Hausarbeit als Leistung anzuerkennen. Geholfen hat das nichts. Am ersten November wolle der Club noch eine Halloweenparty geben, danach befürchtet Karsten Mahlberg die erste längere Pause in seinem 17-jährigen Bestehen. Im Januar könnte es wahrscheinlich weiter gehen, denn für Karsten Mahlberg findet ein Studium nicht nur in Seminaren statt und auch der Kontakt mit internationalen Gästen ist ihm wichtig, um weiter zu machen.

Das fand auch die ehemalige Chefin des Club der Kulturen, Elisabeth Schwerdtfeger. Sie widmete sogar ihre Bachelorarbeit dem Thema CdK. Vergleichbare Einrichtungen, fand sie heraus, hätten meist eine bezahlte Stelle, die sich um oft ungeliebte Schlüsselpositionen wie Finanzen oder Leitung kümmert, sodass aktive Studenten sich auf Inhalte konzentrieren können. Doch auch wenn ein solch bezahltes Amt sicher vieles einfacher macht, müssen natürlich Studenten kommen, die Spaß an der Sache und ihr eigenes Potential entdecken. Dazu, meint Radiomacher Marc Gork, müsse man sie eben manchmal ein bisschen treten.

erschienen im 371 Stadtmagazin Campu 11/10,

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