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Vom Hochland nach Bernsdorf

Wie ein Kaffee nach Chemnitz kommt

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Das ist die Geschichte von Efrain Lechuga, dem Bauer aus Mexiko, und Matthias Dallinger (Foto), dem Bohnenmeister aus Chemnitz, und ihrem gemeinsamen Kaffee La Victoria.

Unsereiner stapft ja morgens mit verquollenen Augen in die Küche und drückt einfach auf einen Knopf. Und während aus der Maschine langsam heißer, duftender Kaffee läuft, denkt man eher selten drüber nach, wie der da eigentlich hinkommt.

Unterdessen steht irgendwo - sagen wir in den Bergen östlich von Mexiko Stadt - ein Bauer in der dünnen Luft auf gut 2.000 Metern Höhe und dreht, Stück für Stück, Kaffeekirschen von den Zweigen der Pflanzen. Der Bauer arbeitet auf einer Ranch, die seit Generationen der Familie Lechuga gehört. Er lebt dort mit seiner und neun weiteren Familien. Als Selbstversorger halten sie Vieh, bauen Gemüse an und eben zum Verkauf auch Kaffee.

Ein Sack von diesem Kaffee steht gerade bei „Bohnenmeister“ Matthias Dallinger, der vor gut zwei Jahren in Chemnitz seine eigene Rösterei eröffnete (371 berichtete). La Victoria heißt die Marke, unter der der Kaffee nun erstmals in Deutschland verkauft wird. Matthias und seine Kunden wissen, wo der Kaffee herkommt. Wer es ganz genau wissen wollte, durfte Efrain Lechuga, Sohn der Familie, die die Ranch besitzt, im Dezember in Chemnitz beim Bohnenmeisterabend sogar persönlich befragen. Dass Efra und sein Kaffee den Weg nach Chemnitz fanden, ist Anne Bauer zu verdanken. Die gebürtige Chemnitzerin betrat erstmals kurz nach der Eröffnung des Bohnenmeisters die Rösterei. Anne und Efra haben sich vor Jahren in Australien kennengelernt. Er war damals noch Tennisprofi und Weltenbummler, sie im Auslandssemester. Heute leben die beiden hauptsächlich in Mailand. Bei einem Besuch in Chemnitz nutzte Anne die Gelegenheit, um mit Matthias einmal ausgiebig über Kaffee zu plaudern.

So kam es, dass La Victoria einer der Kaffees wurde, die Matthias Dallinger im Rahmen seiner Kaffeeprojekte handelt. Dabei will er möglichst ohne Zwischenhändler direkt mit den Produzenten arbeiten. Will wissen, wo der Kaffee herkommt, unter welchen Bedingungen er angebaut wird, und natürlich sicher gehen, dass es ein wirklich guter Kaffee ist. Inzwischen hat Matthias Dallinger fünf direkt gehandelte Projektkaffees im Angebot. Und auch, wenn diese teurer sind, als herkömmlich gehandelte Sorten, glaubt er an das Konzept und will es ausbauen. Sein Ansporn ist unter anderem der peruanische Pacha Mama. Trotz seines Preises war der Projektkaffee im vergangenen Jahr der meistgekaufte Kaffee beim Bohnenmeister. La Victoria habe ihm im Sortiment noch gefehlt. Eher mild und fruchtig sei er und ergebe auch einen außergewöhnlichen Espresso. Als Röster hat er gerade angefangen, mit der Sorte zu arbeiten und begibt sich nun auf die Suche nach der perfekten Röstung.

Auch für La Victoria hat die Reise gerade erst begonnen. Während bei großen Röstern Kaffees mit eher mittelmäßiger Qualität gemischt und mit den Marken der Röster versehen werden, will La Victoria für sich selbst stehen. Dazu braucht es kleine Röster wie Matthias Dallinger, die bereit sind, sich auf einen der wenigen - vielleicht sogar den einzigen - mexikanischen Direktexporteur einzulassen. Chemnitzer Kaffeefreunde dürfen sich freuen, zu den ersten zu gehören, die ihn nach dem morgendlichen Knopfdruck in ihrer Tasse finden.

Text [&] Foto: Michael Chlebusch

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