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Bürgerplattformen als Beteiligungselement

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Eine Stadt ist nur so gut wie ihre einzelnen Teile. Daher fördern sieben Bürgerplattformen das Engagement ihrer Stadtteilbewohner, geben Beratungen und bürokratiearme und schnelle Finanzspritzen für Festivals, Feste, Buden, Bänke und alles, was dem Gemeinwohl dient.

1,61 Euro sind für jeden Chemnitzer vorgesehen. Das klingt nicht viel, aber mit dieser Bürgerpauschale der Stadt ist es wie mit so vielem im Leben: wenn mehrere Menschen ihr Geld zusammenlegen, lässt sich damit etwas erreichen. So kann damit etwa ein Stadtteilfest oder ein Festival finanziert werden, dass Vielen zugute kommt. Gebündelt wird das Geld, bei einer Gesamteinwohnerzahl von etwa 248500 Menschen sind das etwa 400.000 Euro, an die sieben Bürgerplattformen der Stadt gegeben. Die Bürgerplattform Chemnitz Mitte, zu der die Stadtteile Zentrum, Bernsdorf, Kapellenberg, Altchemnitz und das Lutherviertel gehören, vereint etwa 45.000 Einwohner unter sich – und kann daher auch mehr als 50.000 Euro an die Bewohner des Stadtteils weitergeben. Wer nachrechnet, wird sich zu Recht wundern. Aber Jacqueline Drechsler, Koordinatorin der Bürgerplattform Mitte hat eine Erklärung: „Die Entscheidung, die Bürgerplattformen mit mehr Geld auszustatten, traf der Stadtrat im Jahr 2018 und sie trat erst im April 2019 in Kraft.“

Vorher waren die Bürgerplattformen mit wesentlich weniger Geld ausgestattet. Nun verfügen alle Plattformen auch über eine volle Koordinatorenstelle. Jede der Bürgerplattformen hat einen Trägerverein, wie die AWO in Mitte und den Verein Delphin auf dem Sonnenberg, der die Gelder der Stadt an die Bürgerplattformen weiterreicht und auch die Koordinatoren bezahlt. Doch warum braucht es eine Bürgerplattform, wenn doch eigentlich das Rathaus für Bürgerförderung und Belange zuständig sein sollte? „Die Hemmschwelle, ins Stadtteilbüro zu gehen, ist geringer, als ins Rathaus zu gehen“, sagt Drechsler. Gerade bei bürokratischen Angelegenheiten würden viele Bürger kaum durchsteigen. Als langjährige SPD-Stadträtin kann sie außerdem ihr Wissen zur städtischen Verwaltungsstruktur einbringen. Drechsler sieht es außerdem als ihre Aufgabe, basisdemokratische Prozesse in ihrem Gebiet zu betreuen und mit ihrem Wissen zu begleiten – so etwa das Brühlgremium. Auch schaut sie, ob für die Ideen der Chemnitzer nicht auch weitere Fördertöpfe angezapft werden können und hilft bei den Anträgen, die auf den Internetseiten der Bürgerplattformen heruntergeladen werden können.

Bei Projekten ist sogar eine vollständige Förderung möglich, die auch an Privatpersonen ausgezahlt werden kann. Einzige Bedingungen: die Projekte sollten eine gewisse Nachhaltigkeit haben, Catering scheidet also aus, sie sollten nicht im Konflikt mit dem Grundgesetz stehen und sie sollten der Gemeinschaft dienen. Von Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum, über Konzerte und Wandbemalungen und Künstlerhonorare ist also alles möglich. Die Bürgerplattform förderte bis Dezember 2019 ganze 39 Projekte im Bereich Mitte, darunter Stadtteilfeste, Festivals wie die „Kantine Luxemburg“ und die „Dezentrale – Tage des Staunens“. „Alle Anträge, die bis 8 Tage vor dem Treffen der Steuerungsgruppe bei uns eingehen, werden bearbeitet und die Gruppe entscheidet darüber“, erklärt Jacqueline Drechsler. Da sich die Steuerungsgruppen monatlich treffen habe das den Vorteil, dass auch schnelle Ideen umgesetzt werden können. Wenn beispielsweise Gelder bei der Stadt beantragt werden, brauche das häufig ein ganzes Jahr Vorlauf. Die Steuerungsgruppen setzen ehrenamtlich aus Vertretern von ansässigen Vereinen und Institutionen zusammen, aber auch Privatpersonen können sich dort einbringen. Der Stadtteil entscheidet also selbst, was er fördern möchte.

Wie es zu der Idee der Bürgerplattformen kam, kann Jörg Vieweg erklären, ebenfalls Stadtrat in der Fraktion der SPD und Sprecher der Bürgerplattform Chemnitz Süd, die alle Stadtteile des früheren Wohngebietes „Fritz Heckert“ umfasst. Er begleitet die Idee von Anfang an. „Wir sind die Bürgerplattform, die sich damals selbst gegründet hat“, erinnert er sich. Damals war es ein Zusammenschluss von Vereinen, Anregungen holte man sich in Berlin bei ähnlichen Projekten. Es entstanden drei Modellprojekte, die Bürgerplattformen Chemnitz Süd, Mitte und Mitte-West, die jeweils über ein kleines Budget und Steuerungsgruppen verfügten mit der Aufgabe, die Gesellschaft in den Stadtteilen zu stärken. Das funktionierte, ebenso die Erweiterung auf sieben Bürgerplattformen 2019. Nun fehlen nur noch die Bürger, die ihre Ideen verwirklichen und sich in ihrem Stadtteil einbringen wollen. Die Plattformen stehen bereit und versuchen, zu unterstützen – mit Geld und Wissen.

Alle Bürgerplattformen samt Kontakten finden sich hier (oder einfach Bürgerplattform Chemnitz googeln):

Text: Sarah Hofmann

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