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André Donath und Thomas Preißler sind im Stress an diesem Montag Ende Oktober. Vor ihnen steht Kaffee, daneben liegt eine durchsichtige Dokumententasche, durch die das Bild des US-Rappers 50 Cent schimmert. „Noch 16 Tage bis zum Konzert“, sagt der eine fast entschuldigend, während beim anderen schon wieder das Telefon klingelt.
Drei Wochen ist es her, als der Inhaber von Turmbrauhaus und Café Moskau zum ersten Mal von dieser Idee erfuhr: „Ich war gerade irgendwo in Berlin unterwegs, als mich Thomas anrief und mir offenbarte, dass er 50 Cent nach Chemnitz holen will.“, erklärt André Donath. „Diese Idee klang so kaputt, dass ich sie mir unbedingt genau anhören musste.“ Thomas Preißler erklärt, wie es dazu kam: „So spontan war die Idee gar nicht. Ich hatte schon im vergangenen Jahr bei seiner Booking-Agentur angefragt, um einen Termin auf der Europa-Tour 2005 zu bekommen. Doch das war – vor allem finanziell – nicht zu machen“. Mittlerweile sieht die Sache anders aus. Thomas Preißler, der seit vier Jahren Partys und Konzerte in Chemnitz organisiert und bis September den Supreme Club betrieb, hat sich einen guten Draht zum 50 Cent-Booker erarbeitet: „Wir kennen uns von den Konzerten der jamaikanischen Dancehall-Größen T.O.K. und Ward 21, die ich nach Chemnitz geholt hatte. Für Letztere hatte ich gleich eine kleine Deutschlandtour auf die Beine gestellt“. Die Jamaikaner waren begeistert. Und weil Ward 21 die offizielle Support-Band auf der 50 Cent-Tour 2005 war, ist es gut möglich, dass sie bei ihrem Kumpel „Fifty“ ein gutes Wort für Chemnitz eingelegt haben.
„Ende September erreichte mich der Anruf: ‚Steht dein Angebot vom letzten Jahr noch?’“, erinnert sich Thomas. 50 Cent und G-Unit werden am 7. November eine Show in Stockholm spielen. Tags darauf sollen sie in Chemnitz auf der Bühne stehen – als deutscher Exklusiv-Gig! Klar, dass er dafür einen starken Partner braucht, der ihm als Finanzier unter die Arme greift. Eine schwere Entscheidung für André Donath: „Das Risiko ist hoch und wir mussten uns schnell entscheiden – für mich stand es auf der Kippe“, gesteht der erfolgreiche Gastronom mit angestrengter Miene. Doch dann funkeln seine Augen wieder: „Aber die Möglichkeit, einen solchen Megastar nach Chemnitz zu holen, ist einfach zu verlockend. Diese Chance kommt so schnell nicht wieder“. Mit einem Schmunzeln fügt er noch hinzu, dass ihn seine Freunde in dieser Angelegenheit für verrückt halten. Ob es an der angeblichen Gage im Bereich von 200.000 Euro liegt, über die in Insiderkreisen gemunkelt wird? Kein Kommentar, über Verträge redet man nicht.
Nach 45 Minuten Plauderei werden die beiden unruhig. Die Zeit ist knapp, der Countdown bis zum 8. November tickt. Dann erwartet sie Curtis Jackson alias 50 Cent, seine Crew G-Unit, seine Bodyguards, Tontechniker, der ganze Anhang – ein stattlicher Tour-Tross von insgesamt 25 Mann! Keine Frage, dass die HipHop-Kings auch wie Könige behandelt werden sollen. Ein Superstar macht nun einmal auch super viel Arbeit. Doch der ganze Aufwand scheint sich zu lohnen. Der Vorverkauf laufe gut, versichern sie noch mit zufriedenem Gesicht, bevor sie zum nächsten Termin verschwinden.
Facts: 50 Cent – der mit bürgerlichem Namen Curtis Jackson heißt – ist der Inbegriff des zeitgenössischen Gangsta-Rappers. Seine Biografie liest sich wie eine Geschichte aus dem alten HipHop-Märchenbuch: Den Vater kannte er nicht, die Mutter wurde ermordet, als er acht Jahre alt war. Er wuchs im ärmlichen Queens auf, dealte schon als Zwölfjähriger mit Drogen und hörte erst damit auf, als ihm Rappen mehr Geld einbrachte. Run DMC-DJ Jam Master Jay entdeckte das Talent „50 Cent“, der sich nach einem Gangster aus seiner Gegend benannte. Doch bevor sein Debütalbum „Power of a dollar“ erscheinen konnte, geriet er in eine Schießerei. Neun Kugeln trafen, er überlebte. Seinem ehemaligen Label Columbia war das nicht geheuer. Sie feuerten 50 Cent kurzerhand, der schlug sich wieder als Dealer auf der Strasse durch. Bis er von Eminem und Dr. Dre ein zweites Mal entdeckt wurde.
Die armen Zeiten hat Curtis Jackson längst hinter sich gelassen. Aus 50 Cent und seiner Gruppe G-Unit ist ein eigenes Imperium geworden: 20 Millionen verkaufte Alben, dazu kommen 9 Millionen Alben von G-Unit Artists, 4 Mio. verkaufte G-Unit Reebok-Schuhe, 3 Mio. Klingeltöne… Die Verfilmung seiner Biografie „Get rich or die tryin’“ spielte 64 Millionen Dollar ein, seine eigene Energydrink-Marke „Formula 50“ allein in diesem Jahr 25 Millionen Dollar. Da soll noch mal einer behaupten, 50 Cent wäre kein Superstar.
Erschienen im 371 Stadtmagazin 11/06