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Linda Körner und die Akkordeons

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Wenn Linda Körner von Akkordeons erzählt, steckt ihre Begeisterung an. Nötig hat sie das nicht, denn mit Lindakkordeon hat sie alle Hände voll zu tun. [nbsp]

Allzu häufig täuscht der erste Eindruck. Auf dem Weg zu Lindakkordeon stehe ich vor einem Gebäude zwischen Theaterstraße und Chemnitz, das zunächst nur Büro- und Industrietristesse ausstrahlt. Der verregnete Novembertag verstärkt das Bild. Doch spätestens beim Betreten von Lindas Werkstatt fällt mir auf, welche Wunderkammer sich hier versteckt. Nach einer freundlichen Begrüßung beginnt sie sofort, mich in die spannende Welt der Akkordeons einzuführen.

Doch zunächst zu einem anderen ersten Eindruck: Bei vielen weckt das Akkordeon gewiss nicht die Assoziation „spannend“, sondern eher „altmodisch“ oder „schrullig“. Dafür mitverantwortlich sind die zur Attrappe umgebauten Quetschkommoden aus der volkstümlichen Musik. Den Einzug in coolere Pop-Gefilde ist dem Instrument nie wirklich gelungen. Ich selbst durfte mich dem Akkordeon annähern, als ich ein rotes Prachtstück der Marke „Royal Standard“ erbte. Zunächst musste ich verstehen, wie die 60 Tasten auf der linken, die Tastatur samt ihrer fünf Register auf der rechten Seite und der Balg in der Mitte funktionieren. Nachdem mir das ansatzweise gelungen war, merkte ich, dass ein Akkordeon viel mehr als das „Uftata“ des Musikantenstadls kann. Und als ich meins wegen einer defekten Taste öffnete, stellte ich fest, dass sein Innenleben ebenfalls komplex ist. Zu komplex für mich.

Zum Glück gibt es Menschen wie Linda, die sich auf die Wehwehchen von Handzuginstrumenten, zu denen neben dem Akkordeon unter anderem noch die Konzertina gehört, spezialisiert haben. Das Handwerk dazu hat sie in Klingenthal gelernt. Im Anschluss studierte sie Kirchenmusik, doch entschied dann, zum Instrumentenbau zurückzukehren. Im April dieses Jahres mietete sie sich dazu eine Werkstatt an. Und seitdem kommt sie kaum zur Ruhe: Mittlerweile können nur wenige Menschen Akkordeons reparieren und Lindas Auftragsbuch ist gefüllt.

Deshalb ist sie vor wenigen Wochen in ein größeres Zimmer gezogen. Neben vielen, teils selbst gefertigten Werkzeugen und Bauteilen, befindet sich darin Lindas Sammlung an Handzuginstrumenten. Sie schwärmt lange von den einzelnen Variationen und deren besonderen Spielweisen. „Für mich ist die Faszination durch die Vielfältigkeit da“, erklärt sie. In der Werkstatt befindet sich auch die Chemnitzer Konzertina, die Vorlage des aus dem Tango bekannten Bandoneon.

Obwohl Linda zugibt, dass sie vor ihrer Ausbildung den ersten Eindruck vom Akkordeon überwinden musste, steckt ihre Begeisterung für Instrument nun an. Zeit für mich, das „Royal Standard“ wieder aus seiner Kiste zu befreien.

Text [&] Foto: Christian Selent

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