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Spurensicherung am Tatort

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Der neue Sachsen-Tatort sollte nach Chemnitz gelockt werden. Doch ob die Stadt überhaupt je im Rennen war, ist äußerst fraglich.

Die alte Industriestadt Chemnitz ist nicht so telegen wie Dresden. Das wurde im September mit dem Entscheid amtlich, den neue Sachsen-Tatort in die Landeshauptstadt zu verlegen. Dabei hätte es so schön sein können: Mit einem 36-prozentigen Marktanteil bewiesen die Münsteraner erst Ende September wieder, wie Quote geht. Mehr als jeder dritte Zuschauer im Kanal! Der Tatort ist so unglaublich angesagt, da würde sich quasi jeder gern darin wiederfinden. So auch die Stadt Chemnitz, allen voran das neue Marketing-Zugpferd Zebra, das auf dem Weg zum Medienrummel aber leider lahmte: 5.000 Stimmen wollte man dem MDR übergeben, doch auch nach Wochen der Verlängerung unterschrieben nur 3.825 Onlinepetiteure für einen Tatort in ihrer Stadt. Der Chemnitzer bewies damit entweder Trübsinn oder aber Spürsinn für reelle Chancen, während unser neuer Stadtherold, Zebra-Chef Jörg Fieback, in der Lokalpresse seinerseits freudig verkündet dranzubleiben und sagt: „Es hätte klappen können“. Nein, hätte es nicht. Der Rummel um den Tatort war so erfolgversprechend, als würde sich der CFC-Fanclub Chancen auf den Champions-League-Titel herbeisingen wollen. Denn eine Chemnitzer Mannschaft war auch beim Tatort allem Anschein nach überhaupt nicht im Rennen.

Kein Konzept für Chemnitz?
„Für den MDR stand bei der Suche nach einem neuen Konzept für den Tatort aus Sachsen immer die Auswahl des besten Konzepts im Vordergrund, nicht die Auswahl eines Drehorts“, erklärt Jana Brandt, die Fernsehfilmchefin des Senders. Über 30 solcher Konzepte wurden bei der öffentlichen Ausschreibung im Mai eingereicht. Eines, in dem die Stadt Chemnitz überhaupt vorkommt, war aber vielleicht gar nicht dabei. Hier hüllt sich der MDR leider in Schweigen, zu Inhalten und Bewerbern möchte sich der aus öffentlichen Mitteln finanzierte Sender nicht äußern. Doch zumindest die Chemnitzer Filmemacher bestätigen, sich nicht beteiligt zu haben. Der vielprämierte Chemnitzer Regisseur und Drehbuchautor Olaf Held hatte für seine Idee zwar keinen konkreten Spielort geplant. Doch am Ende waren für Held, der sich mit Independentfilmstar Axel Ranisch an ein Buch wagen wollte, die Hürden der Ausschreibung ohnehin zu hoch.

München statt Dresden
Gewonnen hat nun eine Produktionsfirma aus München. „Drei Engel für Dresden“ heißt das Konzept, für dessen Titel Drehbuchautor Ralf Husmann diesmal hoffentlich eine Erlaubnis hat. (Schon für seinen „Stromberg“ gab es nach der ersten Staffel Plagiatsärger mit der BBC). Für Dresden spann er eine Geschichte mit ausschließlich weiblichen, von privaten Problemen geplagten, flippigen Frauen. Gar nicht so flippig findet das aber der Sächsische Filmverband. „Natürlich ist Sachsen in der Lage, hochwertiges Programm herzustellen“, erklärt Geschäftsstellenleiter Christian Zimmermann. „Die MDR-Mittel hier auszugeben sollte selbstverständlich sein.“ Doch nun sind alle drei Mitteldeutschen Tatorte in Westdeutscher Produzentenhand und damit auch ein großer Teil des Film-Budgets des MDR. Dass der Sender außer seiner Tochterfirma Saxonia Media in Mitteldeutschland niemandem einen Tatort zutraut, werfe auch ein schlechtes Bild auf 20 Jahre MDR, so Zimmermann. MDR-Fernsehchefin Brandt wiederum verweist auf die Mitteldeutsche Medienförderung (MDM), deren Aufgabe die regionale Filmförderung sei. „Als Gesellschafter zahlt der MDR jährlich 2.756.459 Euro“, sagt sie. Also ungefähr das Budget für anderthalb Tatort-Folgen ohne nennenswerte Ergebnisse? Das kann man durchaus als unfreiwillige Selbstkritik verstehen. Solang man der hiesigen Branche aber nichts zutraut, muss man eben den Osten von Kölnern oder Münchnern inszenieren lassen – die machen das unter Umständen richtig gut, wie Christian Ulmen im Tatort Weimar bewies – doch ob die Chancen für ein Chemnitzer Ermittlerteam damit künftig steigen, ist indes fraglich.

Text [&] Foto: Michael Chlebusch

Erschienen im 371 Stadtmagazin 10/14

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