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Frische der Jugend

Martini Sprite mit Blond

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Am 31. Januar erscheint „Martini Sprite“ — die langersehnte Langspielplatte von BLOND. Wir haben uns mit Nina, Lotta und Johann über das perfekte Mixgetränk, die Thorstens dieser Welt und Entspannungsmethoden unterhalten.

In eurem Pressetext steht, ihr liefert „die Zustandsbeschreibung einer unruhevollen ostdeutschen Jugend“. Fühlt ihr euch denn überhaupt noch ostdeutsch?
Nina: Wir selbst sind ja nicht in der DDR aufgewachsen, sondern kennen nur die Nachwirkungen. Aber die Leute in unserem Umfeld, die Lehrer, Erzieher oder die Polizei wurden durch die DDR ganz anders sozialisiert als im Westen, und das bekommt man schon mit. Und dann — das ist aber vielleicht auch ein Chemnitz-Ding und liegt an der Größe der Stadt — wird hier ziemlich viel über Beziehungen geregelt. Wir nutzen hier den ganzen Tag dieses geile Netzwerk. Und alle helfen immer gern. Da fühlt man schon noch Unterschiede.

Wonach schmeckt Martini Sprite?
Nina: Das ist eine Mischung aus einem altbackenen Getränk, das mit der Frische der flippigen Sprite, also mit der Jugend, zusammenprallt. Und es schmeckt sehr lecker, sehr süß, man kann sich wundervoll damit betrinken. Wir sagen immer: Martini Sprite ist das Yin und Yang der Getränkeabteilung.

Wie viele Thorstens begegnen euch so im Bandalltag?
Nina: Wir sind seit drei Jahren auf Tour, und am Anfang war das noch viel schlimmer. Da musste man mit den Haustechnikern leben, und da gab’s fast jeden Abend irgendwas, egal ob vom Veranstalter oder von den Technikern. Jetzt haben wir zum Glück eigene, nette Tontechniker.
Lotta: Thorsten ist ja der Inbegriff des sexistischen weißen Mannes in der Musikindustrie — den trifft man dann nicht mehr so oft, wenn man als Band größer wird. Oder zumindest äußert sich das dann anders, findet auf einer anderen Ebene statt.
Nina: Einmal haben wir auf einem Festival gespielt, und als wir von der Bühne runter sind, hat der Moderator uns vor dem gesamten Publikum abmoderiert mit: „Das waren BLOND! Musik geil, Frauen auch geil, so muss das doch sein!“ Das ist gang und gäbe in der Welt, in der wir leben, deshalb haben wir den Song geschrieben.

Was macht man denn gegen Mansplaining?
Lotta: Na man hält dagegen. Das muss man aber erst lernen Wir können auch erst seit einem halben Jahr tough entgegentreten. Vorher hat man nie was gesagt, sich geärgert. Aber das geht einfach nicht. Am besten man reagiert direkt, und wenn man dazu in dem Moment nicht in der Lage ist,[nbsp] kann man sich immer noch im Nachhinein beschweren. Das ist auch nicht feige.
Nina: Durch #MeeToo hat sich das schon verändert und es gibt generell mehr Verständnis für solche Situationen. Die Festivalveranstalter gehen der Sache immer sofort nach.
Johann: Manchmal kommt das von Leuten, von denen man es nie erwartet hätte. Dann ist man oft einfach nur perplex und sagt erstmal nichts. Manchmal merkt man es auch spät, dass das so nicht in Ordnung war. Aber wenn man bekannter wird, ändert sich das dann auch.
Nina: Wobei ich mir wünschen würde, dass sich das auch für Newcomer-Bands ändert.
Lotta: Ja total, darum haben wir ja auch diesen Song geschrieben. Um die Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken — und damit es Newcomer-Bands zukünftig nicht mehr so schwer haben.
Nina: Wir haben voll die Mission mit dem Song, deswegen muss der ein Hit werden!

Ich hoffe ja, dass ihr mit „Es könnte grad nicht schöner sein“ den ersten großen Menstruations-Hit ever geschrieben habt. Hofft ihr das auch?
Lotta: Auf jeden Fall. Ich hoffe auch, dass das ein Running Gag wird. Ein Song, den man dann seiner Freundin schickt: „Guck mal, es ist wieder so weit“.

Ich seh da ein bisschen einen Moshpit vor mir, wo Männer die Uterus-Zeile grölen…
Nina: Genau das wollten wir — es sollen einfach alle mitsingen. Das ist so ein Tabu-Thema und ich check einfach nicht warum, weil die Hälfte der Bevölkerung nun mal diese „Krankheit“ hat, dass sie bluten muss. Und trotzdem machen da ganz viele zu, vor allem Männer.
Lotta: Als Mann wird man doch nie so wirklich mit dem Thema konfrontiert und bekommt gar nichts davon mit, und wenn man keine Freundin hat, erst recht nicht.
Johann: Selbst in Beziehungen ist das doch so, dass da einfach nicht drüber geredet wird.
Lotta: Und genau deswegen haben wir uns schon im Proberaum so einen richtigen Gänsehaut-Moment vorgestellt.
Nina: Das soll kein Frauensong werden. Sondern ein Schrammel-Tanz-Moshpit-Song, den alle mitsingen.
Lotta: Und den alle nachfühlen können, weil sie das verstehen, auch die Männer.

Ihr singt auf dem Album ausschließlich auf deutsch. Wie hat sich das entwickelt und hat euch das Überwindung gekostet, weil man sich damit ja gewissermaßen ein Stück angreifbarer macht?
Nina: Ja, aber aus genau dem Grund haben wir es dann auch gemacht. Wir haben beide Sprachen[nbsp] ausprobiert und fühlen uns einfach wohler, wenn ich deutsch singe. Ich kann auch bessere Texte auf deutsch schreiben, das ist ja auch meine Muttersprache. Ich mag den Klang, obwohl das so eine hässliche Sprache ist.
Johann: Wir haben auch gemerkt, dass die Resonanz bei den deutschen Releases eine ganz andere ist. Weil die Fans dann auch wirklich drauf eingehen.
Nina: Bei manchen Sachen will man ja auch provozieren - und sich eben auch angreifbar machen.
Johann: Das belebt das Geschäft!
Nina: Aber ja, das ist mit der Zeit gekommen und hat definitiv Überwindung gekostet — vor allem musste ich auch selber erstmal merken, warum ich überhaupt auf Englisch singe, nämlich aus Schutz.

Wie oft habt ihr autogenes Training wirklich probiert — und warum hilft’s bei euch nicht?
Lotta: Zu dem Song sagen wir immer, das ist der Soundtrack zu unserem größten Hobby, dem Fingernägelkauen. Selbst wenn du in der Sonne liegst, am Strand in Mallorca wirst du mich Fingernägel kauen sehen. Weil egal, wie entspannt man ist und wie gut alles gerade ist, man hat immer so eine gewisse Nervosität in sich.
Nina: Dieses „Entspann dich mal“ — das bringt mich in manchen Situationen wie[nbsp] so in Rage. Nee, ich will mich jetzt nicht entspannen, ich will das jetzt ausdiskutieren. Man kann sich auch ruhig mal aufregen, finde ich.
Lotta: Umgekehrt sollten sich die Leute aber bei anderen Themen auch mehr entspannen, anstatt sich sinnlos aufzuregen.

Was macht ihr aber, wenn ihr aufgeregt seid vor Konzerten oder vor dem Album-Release? Seid ihr überhaupt jemals aufgeregt?
Lotta: Nina kann seit einer Woche nicht schlafen, wegen dem Release. Und wir haben jetzt Dezember!
Johann: Die Tour beginnt in mehr als zwei Monaten….
Nina: Mich überläuft dann ein heißer Schauer. Und dann denk ich „Oh Gott“ und geh im Kopf durch, was für Griffe ich spielen muss! Vor Auftritten ist Johann immer super entspannt, Lotta auch, ich hab einfach immer nur Angst, dass es dieses mal soweit sein wird, und ich mir einpinkel.

Ihr seid berühmt für eure epischen Live-Shows. Gibt es neue Elemente für die kommende Tour, die ihr schon verraten könnt?
Nina: Ja klar. Wir haben neue Outfits, neue Coversongs, neue Tänzer, neue Lieder, wir fahren mit Chor und Tänzern, haben eine Lichtshow und eine grandiose Bühnenkulisse.

Interview: Johanna Eisner Foto: Anja Jurleit

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