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Es ist im Moment nicht einfach, etwas über die Zukunft des traditionsreichsten Kulturfestivals der Stadt zu erfahren. Offiziell schürt man zwar die Hoffnung, dass es auch 2010 „Begegnungen“ geben könnte, die Chancen jedoch stehen eher gering.
Die „Begegnungen“ sind seit über 20 Jahren das kulturelle Aushängeschild von Chemnitz. Die organisatorischen Fäden lagen dabei immer im Kulturamt und deren langjährige Chefi n Petra Borges pflegte ihr „Baby“ wie kein anderes in ihrer Amtszeit. Ebenso konsequent schottete es die oberste Kulturbeauftragte aber auch gegen inhaltliche Kritik ab. So wurde aus dem ambitionierten Vorwendeevent zunehmend eine sich selbst zitierende Institution, wenig innovativ und im Kern auf Veranstaltungen setzend, die sowieso stattgefunden hätten. Erst nach dem Renteneintritt von Petra Borges im Frühjahr 2008 setzte die längst überfällige Diskussion über die inhaltliche Ausrichtung des Festivals ein. Das 2009 einer der wichtigsten Geldgeber des Festivals, die Kulturstiftung Sachsen, die Förderung eingestellt hat, deutet an, dass die heftig geführte Debatte wohl schon zu spät kam. „Möglicherweise ist die tendenziell negativ geführte Diskussion in der Öffentlichkeit ein Grund dafür.“ glaubt Kulturbürgermeisterin Heidemarie Lüth und hofft die „große finanzielle Lücke durch Anträge an das Förderprogramm für ´20 Jahre friedliche Revolution und deutsche Einheit´ kompensieren zu können.“ Satte 25.000 Euro fehlen so kurz vor Beginn des Festivals am 7. Oktober noch im Budget. Für 2010 sieht die Situation aber nicht besser aus. Die erste Frist für Kulturstiftungsanträge ließ die Stadt schon mal verstreichen, die zweite im März nächsten Jahres bedeutet bis in den Juli 2010 hinein eine völlige Unsicherheit darüber, ob die Gelder fließen oder nicht. Eine mögliche Kompensation aus Mitteln des städtischen Haushalts sieht Bürgermeisterin Lüth nicht. Auch inhaltlich ist sie bisher wenig vorangekommen. Ein Konzept würde vorliegen, erklärt Lüth, müsste aber noch weiter diskutiert werden. Das wiederum macht es aber völlig aussichtslos, die absolut notwendigen Sponsorengelder aus der freien Wirtschaft zu akquirieren, zumal langfristige Verträge in diesem Jahr turnusgemäß auslaufen. Noch drastischer stellt aber eine Zahl die Fortführung des Festivaldinos in Frage. Hinter vorgehaltener Hand wird spekuliert, dass im Planungsansatz des Haushalts 2010 nur 25.000 Euro für das Festival eingeplant werden sollen, weniger als die Hälfte des bisherigen Stadtzuschusses. In der Summe bedeutet das: Kein Konzept, kaum Sponsorengelder, äußerst vage Hoffnungen auf Landeszuschüsse und ein massiv abgesenkter kommunaler Beitrag – sind die „Begegnungen“ also bald Geschichte?
Heidemarie Lüth bestätigt trotzdem ihre Ambition, dass Festival weiterzuführen. „Wir werden die Festivaldauer in jedem Fall verkürzen und damit das Programm verdichten.“ Wie das aussehen kann, ist schon in diesem Jahr zu sehen. In die fünf Tage drängeln sich über 30 Veranstaltungen. Große Namen sind nicht dabei, aber unter dem dankbaren 20 Jahre-Wende-Thema „Grenzen-los“ hat die neue, junge Festivalleitung ein stimmiges und ambitioniertes Programm zusammengestellt. Das könnte ein Ansatz für die Zukunft sein – aber selbst die geschrumpfte Variante ist für 25.000 Euro nicht zu haben. Ob im Rathaus tatsächlich die Kraft und der Wille vorhanden ist, die „Begegnungen“ weiterzuführen, werden die nächsten Monate zeigen. Vielleicht, so wird in Kulturkreisen spekuliert, fällt das Festival 2010 aus, um im Folgejahr glorreich wieder aufzustehen. Aber genauso kann es sein, dass für die Zuschauer 2009 die letzte Begegnung mit den „Begegnungen“ möglich ist.
Text: Lars Neuenfeld
Erschienen im 371 Stadtmagazin 10/09