⚠ Diese Webseite wurde nicht für Internet Explorer 11 optimiert. Wir empfehlen Mozilla Firefox , Microsoft Edge oder Google Chrome.

Anzeige
Das Web-App-Mag
Immer auf Tasche

Magazin

Vorhang zu und viele Fragen offen

Die Schließung des Luxor schafft Wehmut

Veröffentlicht am:

Faustgleich und kämpferisch ragte die steinerne Plastik am Luxor-Filmpalast seit 1988 in die Höhe. Doch das massive Monument „Darstellende Kunst“, das an die Chemnitzer Filmpioniere Seeber erinnert, wirkt dieser Tage wie ein verwaschener Findling. Das Luxor-Kino wird im Sommer geschlossen. Wahrscheinlich gehen dort Ende Juni die Lichter zum letzten Mal aus.

Die Ursachen waren in der hiesigen Medienlandschaft in den vergangenen Wochen häufig zu lesen – so auch unter www.371stadtmagazin.de: Defizitär sei der Betrieb gewesen, sodass die CineStar-Gruppe den Mietvertrag für das Gebäude nicht verlängerte. In erster Linie trifft das die vier Mitarbeiter des Hauses, die sich nach einem neuen Job umsehen müssen. In zweiter Instanz trifft das die Stadt, die eine Einrichtung verliert, in der Multiplex noch irgendwie Kino war. Neben einer Einkaufspassage mit angeschlossenem Filmbetrieb bleiben noch wenige Ausweichmöglichkeiten. Das Metropol und das Clubkino als letzte echte Lichtspielhäuser oder kleine Betriebe wie Weltecho oder Mittendrin stehen Filmfans noch zur Wahl.

Für Thilo Götz, Leiter des Clubkino Siegmar, war die Schließung absehbar. Weniger aktuelle Filme, nicht erfolgte technische Modernisierung und ein für junge Menschen kaum attraktives Umfeld seien Nachteile gegenüber dem Kino im Roten Turm gewesen. Auch für Jörg Schneider, Leiter des Filmclub Mittendrin, war das Ende des Luxor keine Überraschung. Schon mit der Eröffnung des zweiten Multiplex in der Innenstadt sei fraglich gewesen, wie insgesamt 20 Säle auf engem Raum publikumswirksam bespielt werden sollen. Die Schließung findet er bedauerlich. „Damit stirbt wieder ein Stück Kultur in Chemnitz“, so Schneider. Der Filmclub mit seinem kleinen Vorführraum kann natürlich keinen Profit aus frei werdenden Zuschauerkapazitäten schlagen. Aber auch Thilo Götz vom Clubkino ist sich unsicher, ob die Schließung des Luxor seine Besucherzahlen in die Höhe treibt. „Vielleicht können wir jetzt ein breiteres Spektrum von Filmen in Chemnitz exklusiv zeigen“, mutmaßt er. Aber ob deswegen mehr Besucher in das ohnehin gut laufende Programm kommen, sei ungewiss.

Untermieter raus
Ungewiss ist auch, was mit der Luxor-Immobilie geschieht. Der Vermieter, heißt es, sei pleite. Bestätigen konnten das aber nicht einmal die Theater Chemnitz, die mit ihrem Figurentheater als Dauermieter im Gebäude sind. Man wisse nur gerüchteweise davon, sagt Sprecher Fritz Frömming. Allerdings sucht das Haus bereits nach Alternativen für die Sparte, entweder im Opern- oder Schauspielhaus. „Das ist eine unsichere Situation, aber das Figurentheater wird dadurch nicht beschädigt“, so Frömming. Allerdings habe sich das Figurentheater dort eine Heimat geschaffen, da sei der Umzug natürlich schade. Mit Bedauern muss auch das Filmfestival Schlingel seinen Austragungsort wechseln. „Wir müssen das Beste daraus machen“, erklärt Christin Franz, Pressesprecherin des organisierenden Kinder- und Jugendfilmdienstes. Einschränkungen gebe es vor allem im Platzangebot, aber die Zahl der gezeigten Filme werde wahrscheinlich auch in diesem Jahr wieder über 100 liegen, die können dann aber wahrscheinlich nicht in je drei Vorstellungen laufen.

Denkmal ohne Publikum
Das Luxor war ein bisschen wie arte. Viele mögen es, finden es wichtig, aber nur wenige sehen sein Programm. arte hat das Glück über Gebühren finanziert zu sein, das Luxor war ein Geschäft, das nicht lief, wenn auch ein schönes. Nun steht der Platz an der Hartmannstraße verwaist. Die Stadt, so die Vermutung der Chemnitzer Filmszene, werde sicher versuchen, das Haus in irgendeiner Form zu retten. Am alten Standort mit einem neuen Mieter das gleiche von vorn anzufangen, scheint jedoch sinnlos. „Das Kino ist abgewirtschaftet, der Ruf verbrannt“, so Götz. Das sei tragisch, doch „so entwickelt sich eben eine Stadt“. Vielleicht könne aber mit weniger Sälen und einem durchdachten Programm etwas neues aufgebaut werden, glaubt Schneider an eine mögliche Zukunft des Ortes.

Dabei besann sich die Chemnitzer Stadtverwaltung gerade auf dessen lebhafte Vergangenheit und plante, ein Wende-Denkmal vor dem Kino zu errichten. Platten sollen da aus dem Boden herausragen und den gesellschaftlichen Ausbruch aus Unfreiheit, Sozialismus und Stillstand symbolisieren. Eine Art Stolpersteine, so erklärte es der Chemnitzer Künstler Steffen Volmer noch im Februar der Freien Presse.

Vor dem Luxor hat es sich zwar erst einmal ausgestolpert, aber das Vorhaben steht nicht in Frage: „Am geplanten Standort des Wende-Denkmals wird sich nichts ändern“, teilte die Pressestelle der Stadt auf Anfrage mit. „Weil die Demonstration des 7. Oktober hier ihren Ausgangspunkt hatte und die Friedliche Revolution in Chemnitz sprichwörtlich hier verortet ist.“ Da schleicht sich angesichts der neuen Kulisse fast ein wenig Kapitalismuskritik ins Gedenken.

Ähnliche Artikel: Luxus schließt

Text [&] Foto: Michael Chlebusch

Erschienen im 371 Stadtmagazin 04/11

Zurück