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Dramaturg Matthias Huber über Nachtschichten und die kommende Spielzeit im Schauspielhaus
Was hast du die letzten Monate gemacht?
Da war Sommer, ich bin in den Urlaub gefahren und habe gar nichts gemacht. Ich war ich. Ich habe den Computer erst wieder angemacht, als ich wieder da war, habe Sachen gelesen, die gar nichts mit dem Theater zu tun haben, etwa Clemens Meyer oder Kristof Magnusson. Kopf aus und weg, ich habe auch wenig geredet. Anfang August ging es dann gleich mit der Inszenierung von „8 Väter“ los. Das ist ein Stück für Menschen ab 14, sehr schnell, sehr intensiv, das macht sehr viel Spaß.
Legt ihr inzwischen mehr Betonung auf diese Zielgruppe?
Nein, wir werden nur dreister und erlauben uns mehr. „8 Väter“ spielen wir etwa im Foyer und betreiben auch viel Aufwand, dass das Foyer nicht mehr so aussieht wie das Foyer. Es wird intensiver, was wir für junges Schauspiel betreiben.
Wie wird das angenommen? Hat das junge Theater Zulauf?
Ja, hat es. Gerade das mobile Angebot ist in Chemnitz eingeschlagen wie eine Bombe. „Klamms Krieg“ war in über 60 Schulen, „Kick [&] Rush“ war mindestens 25 Mal draußen, das geht dann mit den ganz kleinen weiter: „Der Fliegende Baum“ oder nun „Herr Sturm und sein Wurm“ wird genauso gefordert. Uns ist wichtig, junge Menschen ans Theater heranzuführen.
Dazu wurde ja vor zwei Jahren auch die Nachtschicht ins Leben gerufen. Erfüllt sie noch den Zweck Leute zum Kommen zu bewegen oder hat sie sich verselbstständigt?
Teils, teils. Es gibt hier keine Erhebungen, ich erkenne aber etwa bei Stückeinführungen Gesichter wieder, die ich aus der Nachtschicht kenne. Aber es geht uns, so romantisch das klingt, in erster Linie darum, für Kultur zu sensibilisieren, eine Lobby für Kultur in Chemnitz zu schaffen. Vielleicht werden wir die Früchte dieser Arbeit gar nicht ernten.
Es gibt auch in diesem Jahr Neues?
Wir haben dieses Jahr drei neue Formate in der Nachtschicht. Beim „standardtanz“ kann man unter fachkundiger Anleitung in 8 Tanzstunden das ganze Universum des Paartanzes erleben. Jeden dritten Sonntag im Monat bittet der Jazzpianist Volker Braun zum „nightflight“ und spielt mit wechselnden Gästen Jazzstandards. Und dann gibt es noch den „science slam“.
Wird das alles auch zukünftig keinen Eintritt kosten?
Ja, auch wenn es aus der Überlegung heraus, das Publikum zählbar zu machen, vielleicht einmal angedacht war, bleibt der Eintritt frei. Nur bei manchen Veranstaltungen müssen wir aufpassen, dass es finanzierbar bleibt, wir haben schließlich für all das kein Budget.
Es gibt Stimmen, dass ihr als subventioniertes Haus anderen Veranstaltern das Publikum abzieht.
Das ist Blödsinn, andere Läden sind auch subventioniert, das wird nur nie gesagt. Es geht um ein Prinzip des Austauschs. Ins Exil passen zum „club royal“ 200 Leute, das kann doch in einer Stadt von 250.000 Menschen nicht alles sein.
Apropos Club Royal: Funktioniert der denn überhaupt ohne Rock Ruchter, der als Student weiterzog?
Ja klar, wir sind traurig, aber es gibt immer ein Leben danach. Unter den neuen Delinquenten ist auch ein Nachfolger von Rock Ruchter.
Freust du dich auf die neue Spielzeit?
Ja, wenn der Motor erst einmal an ist, wird es Zeit, dass alles ans Laufen kommt. Da freue ich mich auf die neue Spielzeit, vor allem auf das schöne Ungewisse. Man probiert etwas und weiß nicht, wie es ankommt und weitergeht. Das ist das Schöne.
Text: Michael Chlebusch Foto: Michael Chlebusch
Erschienen im 371 Stadtmagazin 10/10