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Es gibt Dinge im Alltag, die haben ein Imageproblem. Dazu gehören unter anderem der sächsische Dialekt und die Arbeit im Öffentlichen Personennahverkehr. Die Chemnitzer Verkehrs AG zeigt sich selbstbewusst und steht öffentlich zu beidem. Bei der CVAG wird in offiziellen Ansagen nicht nur wieder mit authentischem Dialekt gesprochen. Ricarda Winkler, die Frau hinter der neuen Stimme, räumt zudem auch mit dem Klischee vom unqualifizierten Straßenbahnfahrer auf.
2003 war es, als Ricarda Winkler eine Lehre zur Bürokauffrau bei der CVAG begann. Hier wurde sie anschließend auch als Mitarbeiterin übernommen und kam vor drei Jahren zum „Intermodal Transport Control System“[nbsp] – einem rechnergestützten Betriebsleitsystem, an dessen Aufbau sie seitdem technisch mitarbeitet. Dieses System, das momentan schrittweise installiert wird, weiß stets wo welches Fahrzeug gerade ist und ob es planmäßig fährt. So will die Leitstelle in Zukunft nicht nur auf Anzeigetafeln an Haltestellen die tatsächlich verbleibenden Minuten bis zur nächsten Einfahrt anzeigen, sondern auch über Funk besser zur Einhaltung der Pläne beitragen. Im Zuge der Installation wurden bereits die Rechner in den Bahnen ausgetauscht und mit ihnen die ein wenig steril wirkende Frauenstimme der Haltestellenansage.
Früher hatte die CVAG diese Ansagen extern herstellen lassen, mit professioneller Sprecherin und mehrmonatiger Vorlaufzeit. Neue oder geänderte Haltestellenansagen kamen da dementsprechend spät und kosteten etwa 500 Euro. Bei der Neuproduktion suchte man daher zunächst im eigenen Haus nach potentiellen Sprechern. Hier erwies sich Ricarda Winkler in Probeaufnahmen mit ihrer angenehmen weiblich-jungen Stimme als passable Neubesetzung. Nach ein wenig abendlicher Übung wagte sie sich an die circa 700 Tonaufnahmen. Dabei versuchte sie zwar auf die Betonung zu achten, aber ganz konnte und wollten sie und die CVAG die regionale Sprachfärbung nicht tilgen. Ein bisschen Lokalkolorit sollte darin schon sein und somit hörbar, dass, wer da spricht, auch hier lebt.
Nun hört sich Ricarda Winkler in der Chemnitzer Straßenbahn gelegentlich selbst bei ihrer Ansage zu – nicht nur als Passagier, sondern auch als Fahrerin. Denn neben ihrer Tätigkeit im Büro absolvierte sie eine Fahrschulausbildung in der Straßenbahn. Damit belegt sie auch reguläre Fahrdienste und weiß somit, was hinter der Arbeit steht, die die Zentrale dirigiert. Natürlich sei sie auch ein wenig stolz darauf, dass ihre Stimme durch die ganze Stadt fährt. Ein Stolz, der vielleicht auch ein wenig auf das Image aller sächselnden Straßenbahnfahrer abfärbt.
Text und Fotos: Michael Chlebusch
Erschienen im 371 Stadtmagazin 10/10