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Das junge Theater hat bekanntlich mit der im Oktober gestarteten Spielzeit ein behagliches Zuhause im Chemnitzer „Ostflügel“ gefunden. Doch wenn ihm seine vier Wände zu klein werden, dann veranstaltet es eine große Sause und feiert auch gleich mal in allen Sälen. So geplant ist das ab dem 16. März, wenn in Chemnitz das Projekt 4+1 startet mit vier Stücken zeitgenössischer Dramatik und einem Treffen junger Autoren.
Bei letzterem versammeln sich am 16. und 17. März Studenten des szenischen Schreibens von fünf Universitäten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zu Lesungen und Gesprächsrunden. Ersteres heißt geballtes Theater mit vier Premieren an einem Abend, darunter eine Uraufführung und eine deutsche Erstaufführung.
Mit dabei Oliver Klucks „Das Prinzip Meese“, eine temporeiche Textlawine, benannt nach dem Performancekünstler Jonathan Meese, benannt nach einer Generation, die sich dem Etablierten Wo, Was, Wie entzieht. So ist das Stück Experiment zwischen Publikum und Theater. Der Text begleitet, wie Kluck selbst, das Chemnitzer Haus schon eine Weile. Dramaturgin Esther Holland-Merten las ihn hier, bevor er beim Theatertreffen ausgezeichnet wurde – so gesehen ist die Chemnitzer Aufführung ein Wiedersehen, auch mit Kluck, der in Chemnitz schon „Zum Parteitag Bananen“ und „Feuer mit mir“ uraufführte.
Kein Wiedersehen, weil gar nicht auf der Bühne, wird es mit der heiligen Magda geben, die Namensgebende Figur der „Geschichte von St. Magda“ der Autorin Johanna Kaptein. Hier erzählen die Bewohner eines kleinen Seebads die tragische Geschichte von Magda, die Eindruck hinterließ, als sie eines Tages im Ort auftauchte. Das Stück fand seinen Weg aufgrund der besonderen Erzählweise ins Programm von 4+1. Nicht Magda selbst erzählt, vielmehr wird sie durch die Erzählungen anderer konstruiert.[nbsp]
Ebenfalls um einen kleinen Ort geht es in der deutschen Erstaufführung „Herr mit Sonnenbrille“ von Gerhild Steinbruch: Ein Dorf in den Bergen, früher großer Industriestandort, blühend, erfolgreich; heute von Leerstand und Tristesse geprägt. Nein das Bergdorf heißt nicht Chemnitz, aber das Stück fand seinen Einzug ins Repertoire auch, weil es Probleme verhandelt, die dieser Stadt nicht ganz fremd sind.[nbsp]
Als Uraufführung startet Susanna Mewes „Die Handgriffe der Evakuierung“. Auf zwei Ebenen erzählt es vom Krebsleiden einer Frau und dem Sicherheitsrepertoire von Flugbegleiterinnen in einer Gesellschaft zwischen Tat und Fremdbestimmung. Mit ihrem Text gewann die Autorin bereits den Retzhofer Literaturpreis 2011.
Wem angesichts von gleich vier neuen Stücken im Repertoire des Hauses die Entscheidung schwer fällt, der wird sich über die Paketangebote freuen. Alle vier Stücke laufen an je einem Abend, der Gast darf sich für zwei entscheiden, die er nacheinander sieht. Natürlich gibt es Karten (außer zu den Premieren) auch einzeln zu kaufen, aber das wäre – anders als das junge Theater in Chemnitz – wirklich konservativ.
Text [&] Foto: Michael Chlebusch
Erschienen im 371 Stadtmagazin 03/12