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„Normalerweise müssen wir da schon bei Kaffee anfangen.“, entgegnet Marco Dobeck von der Kontaktstelle Jugendsucht- und Drogenberatung Stadtmission Chemnitz e.V. auf die Frage, welche Aufputschmittel derzeit gängig sind. Das klinge zwar recht banal, sei aber ein kaum thematisiertes Problem.
Wenn der tägliche Kaffeegenuss sechs Tassen übersteige, dann komme das einem Missbrauch nahe, Abhängigkeiten sind da nicht auszuschließen. Im Extremfall könnten sich sogar Suchterscheinungen wie Nervosität oder Muskelzittern einstellen. Trotzdem gehört Koffein noch zu den ungefährlicheren Aufputschmitteln, problematischer seien da schon Ephedrin, Methylphenidat, Modafinil oder Crystal.
Methylphenidat, eher bekannt als Ritalin, ist eigentlich ein Therapiemedikament für Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADS). Bei Menschen ohne ADS sorgt es für eine Aufmerksamkeitssteigerung, Euphorie und – nicht selten als angenehmer Nebeneffekt wahrgenommen – verringertes Appetitgefühl. Einer Umfrage des Studentenmagazins tuchfühlung aus dem Jahr 2008 zufolge würden immerhin drei Prozent der hiesigen Studenten das Mittel zu sich nehmen. Dabei hat es erhebliche Nebenwirkungen, wie Schlaflosigkeit, Herzrasen und Nervosität.
Modafinil und Ephedrin sind beides Mittel gegen Narkolepsie (Schlafkrankheit). Sie wirken aufputschend, fettverbrennend und appetitzügelnd, erklärt Marco Dobeck. Die Konsumenten würden Tatendrang verspüren, sie bekämen „Lust, etwas Schwieriges anzupacken.“ Ephedrin, so hätten ihm die Klienten der Drogenberatung berichtet, hätte dabei nicht die Nebenwirkungen von Ritalin, das „Hippelig-sein“ entfalle. Der Konsum von Ephedrin, Ritalin und Modafinil kann unter Umständen zu psychischer Abhängigkeit führen, von physischer Abhängigkeit ist Dobeck nichts bekannt.
Ein anderes Mittel ist in dieser Hinsicht wesentlich gefährlicher: Crystal. Grundstoff dafür ist das bereits erwähnte Ephedrin. Crystal unterdrückt die Müdigkeit und den Hunger, dazu kommt eine kurzzeitige Belebung des Selbstvertrauens. Allerdings sei nicht nur die Dosierung recht schwierig, auch die Effektivität des Aufputschmittels ist nicht gesichert, erklärt Marco Dobeck. So hätten einige Klienten der Drogenberatung in Chemnitz davon berichtet, dass sie „auf eine Sache festgegangen“ waren, das heißt ihre Aufmerksamkeit fixierte sich auf eine – mitunter sinnlose – Tätigkeit, wie zum Beispiel das Zählen von Stiften.
Bei Crystal sind zudem die Nebenwirkungen gravierend: Kurzfristig können sich Muskelkrämpfe und Schwindel einstellen. Langfristig führe der Konsum unter anderem zu Untergewicht, Hautveränderungen, Magenproblemen und Persönlichkeitsveränderungen. Alle genannten Mittel sind im Übrigen rezeptpflichtig. Beschafft werden sie entweder auf dem Schwarzmarkt oder aber über das Internet. Außerdem sei es vorgekommen, dass Patienten, die entsprechende Mittel verschrieben bekommen haben, das Rezept oder die Medikamente verkauft haben.
Studenten, beruhigt Marco Dobeck, seien bei alledem bisher nur eine kleine Klientengruppe, sie kämen relativ selten in die Drogenberatung. Trotzdem sei der Konsum von Aufputschmitteln unter angehenden Akademikern nicht zu unterschätzen: „Das Thema ist noch nicht problematisiert, weil sich bei vielen der Konsum wahrscheinlich auf eine kurze Zeit – die Prüfungszeit – beschränkt.“
Text: Benjamin Lummer Foto: photocase.de/MMchen
Erschienen im 371 Stadtmagazin 06/10