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Johannes tauscht

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Kameniz/1164 n. Chr.: Theodor ist ein leidenschaftlicher Gemüsebauer aus Altenhain und versorgt die halbe Stadt mit seiner Ernte. Theodors Problem: die harte Arbeit beansprucht vor allem seine Kleidungsstücke, die mittlerweile mit Rissen übersäht sind, durch die nun immer häufiger Dreck und juckendes Getier eindringen kann.

Isolde, eine stadtbekannte Näherin aus dem Schlossviertel, bezieht bereits seit Jahren ihre Lebensmittel vom Hofe Theodors und bot diesem vor einigen Monaten ihre Dienste an. Als sich Theodor daran erinnert, sattelt er sein Ross, besucht Isolde und kommt schließlich mit ihr ins Geschäft - Gemüse gegen Nähkunst.

Bevor sich das häufig umschimpfte „Geld“ als offizielles Zahlungsmittel bewährte, wurden noch Waren getauscht. Menschen nutzten ihre natürlichen Voraussetzungen und Fähigkeiten, um Produkte oder Dienstleistungen anzubieten, die anderen Menschen aus unterschiedlichsten Gründen nicht oder schwer zugänglich waren und bekamen dafür eine Gegenleistung ähnlichen Wertes. Im heutigen Zeitalter wird diese Art des Handelns vielerorts wieder aufgegriffen und von sogenannten „Tauschkreisen“ organisiert und koordiniert. Auf der Henriettenstraße 5 befindet sich ein solcher Treffpunkt, der sich dem bargeldlosen Dienstleistungsaustausch verschrieben hat und die Talente der Chemnitzer Bewohner vernetzen möchte.

Sieben Mitglieder zählt der „Chemnitzer Tauschkreis“ derzeit. In den letzten Jahren sind laut der Vorsitzenden Eva Reuter viele der ehemaligen Mitglieder weggezogen, verstorben oder traten aufgrund von Zeitmangel aus dem Verein aus. Neuankömmlinge schreckte bisher meist der Jahresbeitrag von 12€ oder der mittlerweile abgeschaffte monatliche Beitrag von „2 Talenten“ ab, das ist kurz gesagt die „Währung“, die in Tauschkreisen zur Vergleichbarkeit von Dienstleistungen angewandt wird. Auch den anderen beiden Organisationen aus dem Kreis Chemnitz soll es ähnlich gehen. Während es im westlichen Teil Deutschlands Vereine mit bis zu 300 Mitgliedern gibt und allein in Berlin 12 Tauschkreise offiziell angemeldet sind, scheinen die Chemnitzer diesem fortschrittlich-rückschrittlichem System noch nicht vollends zu trauen. Dabei ist das Prinzip einfach: Nach der Aufnahme bekommt jedes neue Mitglied eine „Biete-Suche-Liste“ und ein eigenes Zeitkonto eingerichtet. Wie Kinder auf dem Schulhof Center-Shocks gegen Yu-Gi-Oh!-Karten tauschten, so tauschen die Mitglieder Dienstleistungen und Waren aller Art. Nach geleisteter Arbeit werden entsprechend viele Talente addiert und bei Inanspruchnahme von Leistungen abgezogen, je nach Dauer der Tätigkeit. Ob Hilfe bei Computerangelegenheiten, die Vergabe des Gartengrundstücks an Sommertagen oder handwerkliche Unterstützung beim Hausausbau, grundsätzlich darf alles angeboten werden. Die Vorteile dieser Methode liegen auf der Hand. Neben dem Kostenfaktor, der bei diesem Tauschhandel meist deutlich unter dem eines angeheuerten Fachmanns liegt, kommen auf diese Weise Menschen zusammen, die Wert auf Gemeinschaft legen. Statt einer Unterschrift auf der Rechnung gibt es Kaffee und Kuchen bevor man sich voneinander verabschiedet. Eine gute Möglichkeit, um die Steuererklärung etwas zu beschönigen und gleichzeitig generationsübergreifende Beziehungen zu knüpfen und zu pflegen.

Mittlerweile ist der Tauschkreis Chemnitz wieder eine nachhaltige Organisation mit Zugehörigkeit zum Umweltzentrum und erreicht dadurch hoffentlich bald steigende Aufmerksamkeit, ein paar mehr Theodors und Isoldes wären ihnen auf jeden Fall zu wünschen.

Text: Johannes Richter Foto: Maik Irmscher


Von Ecken und Enden: An steilen Hängen
Im Spätherbst und Winter krächzen hier tausende Saatkrähen in den Baumwipfeln. Unter deren wachsamen Augen blickten wir uns an der Kaßbergauffahrt um und fanden Geschichten vom KGB, von rätselhaften Verbrechen, hässlichen Maskottchen, einer gehemnisvollen Treppe und einiges mehr.

Nina und das Verbrechen
Zwei Männer in Handschellen werden in den Gerichtssaal geführt, während sich die Anwältin vom Staatsanwalt noch fix eine Verteilerdose für ihren Laptop geben lässt. Das hier ist ganz anders als im Fernsehen.

Michael geht Untertage
In einem Loch im Boden, da lebte ein Hobbit. Die besten Geschichten fangen ja mit Löchern im Boden an. So auch die Geschichte um den Chemnitzer Kaßberg.

Alan macht einen SPD-Witz
Die Chemnitzer Basketball-Herren haben ein neues Maskottchen: Karl Marx. Ist das jetzt dämlich, geschmackslos oder echt witzig?

Jan bleibt hart
Wer, außer Björn Höcke vielleicht, braucht denn heutzutage einen Volksfestplatz? Jan sieht auf dem einstigen Hartmann-Werksgelände schon die Autos der Zukunft produziert.

Lars outet eine Treppe
Eine Treppe im Wald. Fast provisorisch scheint sie in den Hang geschlagen. Doch sie erzählt auch eine Geschichte über die Liebe in Zeiten des Sozialismus.

Szymmi schleicht vorbei
Seltsame Tiere, diese Krähen. Sitzen sie dann noch zu tausenden in den Bäumen an den Hängen des Kaßbergs, wird der Gang in die Stadt oder von der Stadt hinauf eine prickelnde Reise durch Mythos und Wissenschaft.

Veronica und der KGB
Dass rund um die Kaßbergauffahrt einst die Stasi residierte, ist weitgehend bekannt. Dass aber auch der KGB hier bis 1990 an den Fäden zog, gerät langsam in Vergessenheit. Veronica hat gerade deshalb nachgeforscht.

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