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Letzte Frage im Oktober 2021

Veröffentlicht am:

Eine Katzen-Frage. Herr Kummer kann mit Katzen als Haustier offensichtlich nicht viel anfangen, verfügt aber über erstaunliches Katzen-Knowhow.

Lieber Herr Kummer, in meiner Familie besteht der Wunsch, eine Katze als Haustier anzuschaffen. Ich stehe diesem Wunsch ablehnend gegenüber. Ich mag keine Haustiere. Andererseits interessiert mich die Katze als popkulturelles Phänomen. Was muss ich bei Katzenvideos beachten? Oder bin ich trendmäßig zu spät dran?

Lieber Leserbriefschreiber, bleib hart, du musst nicht jeden Wunsch erfüllen. In Deutschland leben laut dem Industrieverband Heimtierhaltung mindestens 16 Millionen Hauskatzen. Das ist eine Menge. Die niedlichen Vierbeiner hatten es allerdings nicht immer leicht.

Die Tiere mussten verschiedene Hetzkampagnen der Singvogel-Lobby überleben, die uralte Unsitte in Flandern, im „Katzenmonat“ Februar Katzen vom Kirchturm zu werfen oder die in früheren Jahrhunderten in Paris praktizierte Volksbelustigung, im Sonnenwendfeuer stets auch einige Katzen zu verbrennen. Neben vermeintlichen Gottesfrevlern und Hexen wurden damals auch Katzen verfolgt und zu Opfern der Inquisition. Auf deren Urteil hin wurden unzählige Tiere durch Feuer, Schwert oder auf andere Weise getötet. Wer eine Katze besaß, stand automatisch im Verdacht mit dem Bösen im Bunde zu sein. Auch wer nur für sein Haustier oder die Frau, die beschuldigt wurde, eine Hexe zu sein, Partei ergriff, hatte mit dem Tod zu rechnen.

Besonders im 16. und 17. Jahrhundert nahm die Hexen- und damit auch die Katzenverfolgung gewaltige Ausmaße an. Die Inquisition konnte das zähe Tier aber genauso wenig ausrotten, wie der bis in die 1970er Jahre praktizierte Verkauf von Katzenfellen als Rheumadecken in Apotheken und Drogerien. Die alten Ägypter allerdings verehrten Katzen als liebenswerte Inkarnation der Götter und heute gelten die Vierbeiner weltweit als beliebte Mitbewohner und Sympathieträger.

Das Internet ist voller Katzenvideos, nur Pornografie dürfte noch mehr Klicks bekommen. Große Augen, kleines Kinn, goldiges Näschen, feine Barthaare, hier werden menschliche Brutpflegemechanismen aktiviert. Diesem Liebreiz kann niemand widerstehen. Mit entzückenden Katzen-Filmchen können Profis im Netz richtig Geld verdienen. Die Claims sind längst abgesteckt, hier bist du, lieber Leserbriefschreiber, viel zu spät dran. Vielleicht könntest du deine Familie von anderen medial gut vermarktbaren Haustieren überzeugen.

Auch mit abgelichteten Igeln, Faultieren, Alpakas, Spechten und Eulen lassen sich Millionen Klicks erzielen. Du könntest aber auch aufhören, popkulturellen Phänomenen hinterherzuhecheln und dir ein seriöseres Hobby zulegen. Filme die zauberhaften Momente eines Herbstabends in deiner Heimatstadt, fotografiere die romantischsten Gebäude in deiner Umgebung, organisiere Lichtbildvorträge über deine Entdeckungsreisen ins Erzgebirge. Das ist bodenständig und regional verankert. Du könntest zumindest eine kleine aber treue Fangemeinschaft aufbauen.

Weltweite Aufmerksamkeit erfährt zur Zeit das größte Wahrzeichen unserer Stadt. Das Karl-Marx-Monument feiert dieser Tage 50jähriges Jubiläum. Das ist allgemein bekannt, aber kaum einer weiß, dass der Schöpfer dieser Großplastik eigentlich einen ganz anderen Plan hatte. Ursprünglich wollte Lev Kerbel anstelle des Philosophen-Schädels für Chemnitz einen riesigen Bronze-Katzenkopf erschaffen. Die kriegszerstörte Innenstadt sollte durch diese Großplastik sympathischer und liebenswerter werden, sogar eine Umbenennung der sächsischen Metropole in „Katzenstadt“ war im Gespräch. Kerbel konnte sich aber mit seiner charmanten Idee nicht gegen die Karl-Marx-Fans im DDR-Politbüro durchsetzen. Das Ergebnis ist bekannt.

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