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Seit Monaten spüre ich eine latente Unruhe in mir. Liegt es daran, dass mein Bachelorabschluss bevorsteht, dass sich ein neuer Lebensabschnitt ebnet, dass alle um mich rum sich verloben und Kinder bekommen oder einfach daran, dass ich 25 Jahre alt werde? Ein paar Gedanken.
Als ich damals noch mit den Dämonen der Pubertät zu kämpfen hatte, konnte ich es kaum erwarten, endlich 25 zu werden. Jetzt stehe ich kurz davor. Und von der versprochenen Ruhe, die in dieser Lebensphase eines jungen Menschen eintreten sollte, ist bei mir wenig zu spüren. Eher steht alles still.
Ich blicke auf meine Anfang Zwanziger zurück, die durch die Corona-Pandemie wie verloren scheinen. 2020 zog ich fürs Studium nach Leipzig, wo ich mich während der Lockdowns so einsam fühlte, dass ich eigentlich jede freie Minute nach Chemnitz fuhr, in meine vertraute Umgebung. Natürlich machten zu dieser Zeit Fragen wie „Hab ich genug erlebt und habe ich mich selbst gefunden?“ kein Halt. Und neben diesen bis heute anhaltenden Gefühlen auch die Angst davor, ob man dem gesellschaftlichen Bild des Erwachsenwerden entsprechen wird. 2024 beschloss ich wieder nach Chemnitz zu ziehen, meinen Abschluss von hier aus zu machen und an dem Ort, der für mich Heimat ist, den Sprung ins kalte Wasser zu wagen.
Eins ist klar: ich befinde mich mitten im Sturm der Erwartungen. „Hast du den richtigen Job?“, „Hast du die richtige Beziehung?“ Oder, um noch eine der häufigsten Fragen zu erwähnen: Wann bekommst du Kinder?
Was die berufliche Perspektive betrifft, erahnt sich langsam ein Bild. Ich bin fester Bestandteil unserer Redaktion und das, was ich beitrage, wird geschätzt. Durch ein aktuelles Praktikum als Lehrerin für Deutsch als Zweitsprache, öffnen sich ebenfalls Türen für den Eintritt ins Berufsleben. Check. Was aber mein Datingleben betrifft, gibt es weniger vorzuweisen. Bin ich nicht liebenswert oder sind alle Männer, die ich treffe, beziehungsunfähig und haben ein gestörtes Verhältnis zu Frauen? Und von Kindern will ich auch noch nichts wissen. Das war aber nicht immer so. Eigentlich wollte ich immer jung Mutter werden. Ein Faktor, der zu meiner romantischen Vorstellungen der Mitte Zwanziger beitrug, und durch Job, tollen Mann und fettes Haus im Grünen abgerundet werden sollte. Im Laufe der letzten Jahre und mit der Verantwortung des Tante-seins, war ich bereit, diesen Fokus nach hinten zu rücken. Zum einen als Privileg von Freiheit und zum anderen durch die Diagnose Endometriose und eine Dysfunktion eines Eileiters. Der romantische Zufall des Kinderkriegens in einer liebevollen Beziehung, adé. Unverständnis, Traurigkeit und Schmerzen wurden mein ständiger Begleiter, während in meinem Umfeld die zwei Striche auf dem Schwangerschaftstest immer häufiger wurden.
Wie meine Mutter es aber gerne nennt, sind es „Entwicklungshelfer“, und als diese habe ich meinen unlineraren Lebensweg lieben gelernt. Ja, ich bin fast 25, habe die Uni noch nicht beendet und bin in keiner festen Beziehung. Na und?
Wer sagt denn, dass es genau so, wie ich es mache, falsch ist? Wer beschließt, dass ich nicht dem gesellschaftlichen Bild einer 25 jährigen entspreche? Mit 25 fühlt sich vieles noch wie ein Experiment an, ein Versuch, sich selbst zu definieren. Die Identität formt sich weiter, man zieht Bilanz und fragt sich, ob der gewählte Weg wirklich der Richtige ist. Für mich bedeutet 25 zu sein, dass ich versuche, den Druck abzugeben, der oft mit der Zahl einhergeht. Es ist eine Erinnerung daran, dass es in Ordnung ist, nicht alles zu wissen oder alles zu haben. Es ist eine Reise, die ich unternehme, die genauso wertvoll ist wie das Ziel. Es geht nicht mehr nur um das, was man erreicht hat, sondern vielmehr darum, wer man in der Lage ist, zu werden.
Ich bin dankbar für jeden Moment des Innehaltens und für die nicht vordefinierten Phasen in meinem Leben, denn sie machen mich zu dem, was ich bin.
Und vielleicht 25 das Jahr, in dem man beginnt, sich selbst wirklich zu verstehen. Ein Jahr, in dem die Ungewissheit kein Feind mehr ist, sondern ein Begleiter auf dem Weg zu mehr Selbstakzeptanz.
Ich vermute, dass es vielen ähnlich geht. Weil wir uns nicht trauen, darüber zu sprechen, fühlen wir uns dennoch allein unter Vielen. Wer auch gern anonym ein paar Gedanken dazu loswerden möchte, kann mir gern privat schreiben: 371paulat@gmail.com
Text: Paula Thomsen / Foto: privat