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Chemnitz grillt

im Heck-Art

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Das Fleisch ist eingelegt, das Gemüse kleingeschnitten, die Würste liegen griffbereit. Auch die Holzkohle auf dem Grill glüht munter vor sich hin. Gleich kann es endlich losgehen. Mal sehen, ob das erste Bier so lange reicht. Und was die Freunde diesmal Leckeres mitgebracht haben. Fleisch und Wurst – oder doch lieber Fisch und Gemüse. Mitten in der Hochsaison haben wir uns mal umgehört, welcher heiße Scheiß in diesem Jahr auf die Chemnitzer Roste kommt.

Ein unwiderstehlicher Grillgeruch weht von der Terrasse des Restaurants „Heck-Art“ gegenüber des Stadtbades herüber. Kaum ein Stuhl unter den großen Sonnenschirmen ist mehr frei. Restaurantchef Gernot Roßner schlendert zufrieden dazwischen hindurch: „Jeden Mittwochmittag von 12 bis 13.30 Uhr gibt’s bei uns ein Mittagsgrillbüffet. Bei schönem Wetter wird auch am Mittwoch- und Donnerstagabend der Grill aufgebaut.“

Gegrilltes Gemüse und Meeresfrüchte

Während der Chef wieder im Haus verschwindet, rinnt Grillmeister Christian Theurich der Schweiß von der Stirn. Auf seinen Rücken brennt die Mittagssonne, vor ihm glüht der Grill: „Statt Holzkohle benutzen wir Gas“, verrät er, „das ist einfach sauberer.“ Auch die herkömmlichen, großen Happen sucht man hier vergebens. Neben kleinen Nürnberger Würstchen und dünn geschnittenen Steaks kommt das Angebot mediterran daher. Gegrilltes Gemüse und Meeresfrüchte geben hier den Ton an. „Besonders beliebt ist der sizilianische Fischspieß mit gegrilltem Gemüse“, sagt Christian Theurich. Leichte Kost ist für ihn ein Trend des Sommers 2007. Und vegetarische Rezepte. Sein Tipp: Klein geschnittenes Gemüse – Tomaten, Paprika, Zucchini und Co. – mit Feta, frischen Kräutern, Öl und etwas Steinsalz in Alufolie einwickeln und auf dem Grill garen lassen. „Das ist total lecker und wirklich kinderleicht“, verspricht er.

Selbst eingelegt

In seiner Freizeit schwört der Heck-Art-Grillmeister weiterhin auf das klassische Programm: saftige Fleischbatzen auf Holzkohlerauch. Eins geht dabei allerdings überhaupt nicht: fertig eingelegte Steaks. Vor dem Grillgut mit industriell hergestellter Marinade warnen auch die Verbraucherschutzzentralen. Denn die Würzsoßen beinhalten nicht nur Konservierungsmittel. Die Färbung verhindert auch, dass man dem Fleisch ansehen kann, wenn es allmählich zu gammeln anfängt. Darum rät der Profi dazu, das Fleisch selbst zu marinieren: „Ich lege die Steaks zusammen mit Olivenöl, Kräutern und Knoblauch in eine Plastiktüte mit Zip-Verschluss ein und lasse sie über Nacht ziehen – fertig.“

Grillen auf jamaikanisch

Auch im Hause Phlatline steht im Sommer die große Grillerei an – ganz auf jamaikanisch, versteht sich. Thomas Schlett, besser bekannt als Selectah Likkle T. vom Phlatline Sound, orientiertiert sich dabei gern an den Gepflogenheiten, die auf den Straßen der berühmten Karibikinsel herrschen: „Als Grill dienen dort Öltonnen. Die werden in der Mitte abgeschnitten, gründlich ausgeräuchert und mit einem Deckel zugedeckt. Das Fleisch wird dann auf einem Gestell hinein gehangen.“ So wird der Grill zur kleinen Räucherkammer. Der Cube Club hat sich so einen jamaikanischen Ghetto-Grill schon zugelegt. Für Thomas Schlett gehört zu dieser Variante unbedingt auch das passende Grillrezept: „Ich schwöre auf Jamaican Jerk Spice“, verrät er. Die traditionelle, feurig-scharfe Würzpaste lässt er sich übers Internet direkt nach Chemnitz schicken. Die Paste „pimpt“ er mit Kurkuma, Curry, etwas Piment und frischem Ingwer. Vermischt mit Öl und Tomatenmark wird die Paste zu seiner Grill-Geheimwaffe: "Damit lege ich nicht nur Steaks, sondern auch ganze Hühnchen ein. Wenn das Fleisch einen Tag lang ziehen kann und dann noch gut gegrillt wird, ist das wirklich der Hammer.“

Die französische Sicht

So viel Mühe machen sich natürlich die Wenigsten. Wie unsere Grillabende tatsächlich ablaufen, weiß Philippe Zveguintsoff. Er hat die Draufsicht auf unsere Gewohnheiten. Seit anderthalb Jahren wohnt und arbeitet der Franzose in Chemnitz. In dieser Zeit hat er schon so manche Wurst verdrückt: „Diese gebrühten Roster mit dem grauen Fleisch waren mir völlig neu. In Frankreich grillen wir zwei ganz andere Sorten: Die Nerguez – das sind dünne Würste aus rohem Schaffleisch – haben einen viel kräftigeren Geschmack. Und die Chipolata aus rohem Schweinehack sind sehr würzig.“ Natürlich gibt es bei ihm zuhause kein Bier zur Wurst, schon gar nicht zum Ablöschen des Feuers. Auch die deutsche Eigenart, dass einer grillt und der Rest munter drauflos futtert, hatte Philippe anfangs überrascht: „Der Franzose grillt nicht so chaotisch. Wenn eine Runde fertig ist, essen alle gemeinsam. Und dann kommt das Nächste auf den Grill. Bei uns hat das auch immer etwas von einem gemeinsamen Ritual. Ich glaube, wir legen prinzipiell mehr Wert aufs Essen. Das ist dann wohl der Kulturunterschied.“

Golden Grill

Kulturunterschied hin, Schafwürste her - der deutsche Griller versteht trotzdem sein Handwerk. Die meisten zumindest, aber häufig genug werden die elementarsten Grillgesetze verletzt. Deshalb hier noch einmal die sieben goldenen Regeln des Grills:

1. Grillen braucht Zeit
Vom Entzünden der Grillkohle bis zum Auflegen sollten 45 - 60 Minuten vergehen. Die Holzkohle muss richtig durchglühen, solange bis sich eine weiße Ascheschicht auf den Kohlen gebildet hat (Weißglut). Nie das Grillgut auflegen, wenn die Kohlen noch rot glühen!

2. Grillanzünder sind bäh
Nie mit Spiritus oder Benzin die Holzkohle entzünden, aber das weiß wohl jeder Dummi. Andere chemische und handelsübliche Grillanzünder sind zwar praktisch, verbrennen aber nie vollständig und ziehen geschmacklich ins Grillgut. Die sauberste Variante sind Heißluftpistolen, wie man sie zum Abbrennen von Farbresten an Holzrahmen verwendet. Damit kann man die Kohlen schön gleichmäßig anfackeln. Heißluftpistolen gibt es im Baumarkt schon für unter 10 Euro zu kaufen.

3. Erst die Dicken, dann die Dünnen
Steaks oder Rippchen immer zuerst auf den Grill, also wenn die Glut am heißesten ist. Würste oder Fisch erst dann auflegen, wenn die Hitze nachlässt. Ansonsten gibt‘s verbrannte Bratwürste und halbrohe Steaks.

4. Erst auf dem Teller salzen.
Grillgut nie vor dem Grillen salzen, da Salz das Wasser aus dem Fleisch oder Fisch zieht und die Teile dann furztrocken werden.

5. Nie Pökel- oder Räucherware grillen!
Bockwürste, Wiener, Kassler oder Räucherspeck dürfen nie gegrillt werden. Bei starker Hitze entwickeln sich hier Nitrosamine im Fleisch - und die sind definitiv krebserregend!

6. Stücke oder Brickets?
Im Normalfall reichen Holzkohlestücke. Briketts entwickeln wesentlich mehr Hitze und sind für große Grills und nächtelange Fleischextasen angenehm. Ganze Schweine sollten z.B. lieber mit Briketts gegrillt werden...

7. Der verbranzelte Grillrost
Nach einer schönen Grillsession bleibt meist ein verkrusteter Rost zurück. Was tun, wenn man nicht blöde schrubben will? Ganz einfach: Den Rost zwischen zwei Zeitungsseiten legen und einweichen. Nach einer Stunde rausnehmen und abwischen - wie neu!

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Erschienen im 371 Stadtmagazin 07/07

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