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Lange lag der Schillerplatz in einem tiefen Dornröschenschlaf. Doch spätestens seitdem er zum Kosmos Chemnitz Festival einer der Spots schlechthin war, hat die kleine Oase bewiesen, dass sie mehr als nur Bäume, menschenleere Bänke und, wenn wir ihn nicht gerade ausleihen, Marx´ Darm beherbergt. Anlass genug, die Parkanlage neu aufleben zu lassen? Jenny Wittig fragte nach.
Chemnitz, 1850 – Die Stadt ist angekommen inmitten der Industrialisierung. Das sächsische Manchester platzt aus allen Nähten, die Luft ist dreckig, die Wege verstaubt und Wohnraum Mangelware. Arbeiter:innen schuften von früh bis spät in den Textil- und Chemiefabriken, träumen von grünen Wiesen und bunten Blumen. Die niemals schlafenden Schornsteine bringen der Stadt Geld, aber auch soziale Ungleichheit. Alte Wehranlagen werden geschlossen, doch nicht immer für das erwünschte „Grün“ genutzt - zu groß ist der Bedarf nach Platz zum Leben.
1859, der 10. November. Friedrich Schiller wäre 100 Jahre alt geworden. Zu seinen Ehren wird der Kommunangerplatz, zwischen Aktienspinnerei und Carolinenstraße, mit dem Namen des Dichters beehrt. Endlich erhält die Stadt eine parkartige Anlage, die im Anschluss gärtnerisch gestaltet wird. Wie zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts modern, hat nun auch Chemnitz einen Schmuckplatz, der von Verschönerungsvereinen gestaltet und für die breite Bevölkerung zugänglich gemacht wird. Auf einer Allee können die Bürger:innen spazieren oder am Klapperbrunnen dem Wasserspiel zuschauen.
2022, über 160 Jahre später. Zwischen dem Theaterplatz mit dem exklusiven Hotel an der Oper und der liebevoll renovierten Aktienspinnerei, die nun als Bibliothek der Technischen Universität dient, liegt der zu DDR-Zeiten modernste Omnibusbahnhof. Daneben, fast vergessen, der Schillerplatz. Zuletzt in der Presse als Bühnenstandort während des Kosmos-Festivals oder als Austellungsort für den Darm von Karl Marx beschrieben, soll ihm im Rahmen der Interventionsflächen der Kulturhauptstadt Europas 2025, neues Leben eingehaucht werden. Als ein „Ort des Aufbruchs“ soll er eine Aufwertung erfahren und dem historischen Kontext wieder gerecht werden. Dafür benötigt es heutzutage keinen Verschönerungsverein, sondern das Grünflächenamt. Dieses befindet sich aktuell in der sogenannten Vorplanung. Noch dieses Jahr wird entschieden, wer die Gestaltung der Parkanlage übernehmen darf. Ende des Nächsten soll die Umsetzung beauftragt werden, sodass nach ungefähr einem Jahr Bauzeit 2025 der Park wieder in voller Pracht erstrahlt. „Die Motivation liegt natürlich auch darin, dass der Schillerplatz aufgrund seiner zentralen Lage eine gewisse Eingangssituation schafft. Kommen Gäste am Bahnhof an, ist es die erste Grünfläche, die ihnen begegnet“, so Florian Etterer vom Grünflächenamt der Stadt. Diese Parkanlage soll nun nach geschichtlichem Vorbild unter Beachtung der heutigen Anforderungen wieder aufgehübscht werden. „Aktuell prüfen wir den Platz auf Artenschutz. Allgemein ist es uns wichtig mit dem Baumbestand sensibel umzugehen und eine Balance aus Neuerung und Erhalt zu finden.“, betont Etterer.
Bei regelmäßigen Bürgerinformationen wird in Zukunft über den Fortschritt berichtet. Auch die Universität und die Kunstsammlungen sollen in den Prozess einbezogen werden. In absehbarer Zeit könnten die Chemnitzer:innen somit wieder auf einer Allee spazieren oder dem Wasserspiel des Klapperbrunnens zuschauen.
Text: Jenny Wittig / Visualisierung Kretzschmar & Partner im Auftrag der Stadt Chemnitz, 2021