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Wenn alljährlich das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler erscheint, verfolgt man die Inhalte mitunter schon mit einer gewissen Süffisanz. Haha, Hamburg hat vergessen, Windows 7 upzudaten, kostet jetzt im Service ne halbe Million mehr. Uiuiui, der Landtag Rheinland-Pfalz organisiert eine Klassenfahrt nach Afrika für 50.000 Euro. Zwischen Planungsfehlern und Selbstbedienung ist da oft alles dabei, was man sich als Kontobevollmächtigte*r mit Steuergeldern so gönnen kann. Dann gibt es da aber auch diese Momentmal-Fälle, wo vielleicht gefragt werden darf, was sich der Bund der Steuerzahler mit seinem Schwarzbuch gönnt.
In der aktuellen Ausgabe für 2020 hat der Landesverband Sachsen-Anhalt beispielsweise eine Aufzucht für eine bedrohte Art der Feldhamster in Sangershausen angemahnt, die 1,5 Mio über zehn Jahre kostet und als Ausgleich für ein geplantes Gewerbegebiet entstand. Naturschutz sei schon irgendwie wichtig, aber das hätte man billiger lösen können. Klar ein Bauer, der Jahrzehntelang Hamster einfach umpflügt, findet das teuer, aber da scheint mir doch, dass beim BdSt im Abwägen Wirtschaftlichkeit gegen Nutzen ein bisschen zu sehr auf einen Gewöhnungsfaktor gehört wurde: "Ging doch bis jetzt auch ohne."
Der Landesverband Sachsen hört nach Auskunft von Vereinspräsident Thomas Meyer abgesehen von der eigenen Wahrnehmung vor allem auf die Öffentlichkeit und seine rund 4.000 Mitglieder in Form von Zuschriften und geäußerten Meinungen. Mit Sitz in Chemnitz kam daher der Verein wohl nicht umhin, auch die Verschwendungsrufe um das Projekt Gegenwarten zu hören. Deshalb hat der BdSt Sachsen sich sechs Kunstwerke - oder "diese selbsterklärten ortsspezifischen Arbeiten", wie er sie auf seiner Website nennt - herausgesucht und zur Abstimmung für den Negativpreis Schleudersachse 2020 gestellt. Es gebe in jedem Jahr Themen, im vergangenen Jahr beispielsweise skurrile Bauwerke, erklärt Thomas Meyer. In diesem Jahr möchte der Verein hinterfragen, ob in der Pandemie die entstandenen Installationen den finanziellen Einsatz rechtfertigten.
Mit der Vorauswahl von ausschließlich Kunst der Gegenwarten, scheint der Frage ein Fragezeichen zu fehlen. Immerhin, hat sich der sächsische BdSt aber dazu entschieden, die Nominierung nicht ins bundesweite Schwarzbuch zu übernehmen, das am Tag vor der Juryentscheidung zur Kulturhauptstadt erschien, um die Bewebung nicht zu torpedieren. Dass die Vorarbeiten zu den Gegenwarten schon seit 2018 laufen, dass eine Absage im März, als Corona hierzulande aktuell wurde wohl auch nicht billiger gewesen wäre, dass man hier Kultur gegen Wirtschaft ausspielt und dass die Zahlen beim BdSt auch nicht ganz stimmen und die Kulturstiftung des Bundes 150.000 Euro weniger zum Projekt gab? Das fällt am besten in die Kategorie "wer kritisiert, muss auch einstecken", in die sich Thomas Meyer mit seinem Verein nach eigener Aussage stellt. Hätte er nicht tun müssen. Die Nominierung wäre weniger kritisierbar, wenn auch ein Windows 7 oder eine Afrikareise dabei gewesen, wenn es eine Abstimmung mit Optionen gewesen wäre - Jahresmotto hin oder her. Die Abstimmung anders zu lesen als "Gegenwarten war Geldverschwendung", fällt schwer. Ging doch bis jetzt auch ohne. Die Meinung kann man sich schonmal gönnen.
Kommentar: Michael Chlebusch