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Kulturhauptstadt Europas 2025 - was soll das werden? Diese Frage stellen sich viele Menschen. Dabei steht die Antwort im sogenannten Bidbook drin. 54 Projekte sind dort aufgeführt und da es bis 2025 noch ein bisschen Zeit ist, stellen wir von nun an eins davon in jeder 371-Ausgabe vor.
Diesmal: KosmosEUROPE
Zugegeben, im Nachgang ist das Wie nicht mehr wichtig. Dass der Weg zum Kulturhauptstadt-Titel keineswegs gerade und zielgerichtet war, alle Beteiligten selten an einem Strang gezogen haben und programmatische Inhalte nie von einem breitem Bündnis erarbeitet wurden – geschenkt! The Winner takes it all, auch den Fame. Aber manchmal macht es Sinn, sich zu erinnern: Wie kam es eigentlich von dem drögen, direkt aus der Bullshit-Bingo-Hölle entsprungenem Bidbook I-Motto „Opening Minds Creating Spaces“ zum Bidbook II-Winner-Thema „C The Unseen“?
Wer diese genial-einfache Idee hatte, wissen auch wir nicht. Fakt ist aber, dass „C The Unseen“ nicht vom Himmel gefallen ist, sondern eine Geschichte hat. Und die beginnt mit den Naziaufmärschen im Spätsommer 2018, dem darauffolgendem „Wir sind mehr“-Konzert und einer Frage, die sich nun eine Handvoll Akteur*innen stellen: Wir kann man diesen so augenscheinlichen Riss durch die Gesellschaft thematisieren, vielleicht sogar kitten?
Ganz besonders hartnäckig beschäftigte diese Frage ausgerechnet die Chemnitzer Wirtschaftsförder- und Entwicklungsgesellschaft, eine Stadttochter, die sich um die Vermarktung von Gewerbeflächen und nicht zuletzt ums Stadtmarketing kümmert. Da sich Chemnitz aber vor der ganzen Welt als Nazimordor präsentiert hatte, drohten den Stadtvermarktern nun dauerhaft die Felle davonzuschwimmen. Man musste sich also etwas ausdenken. In nur wenigen Monaten erarbeitete die CWE gemeinsam mit vielen Chemnitzer*innen das Konzept eines „Demokratiefests“. Hier sollte debattiert und kritisiert, aber eben auch gefeiert, gelacht und getanzt werden. Was zunächst nach gutgemeintem Love & Peace-Konzept klingt, erwies sich in der Realität als wuchtiges, lebensfrohes Zeichen. Strahlkräftige nationale und internationale Acts performten, während andere über neue Beteiligungsformate, Leitkulturen und Meinungsfreiheit debattierten. Demokratievermittlung, von den Basics bis zum erweiterten Wissen, mit einem popkulturellen Rahmen – das klingt schwierig, wurde aber recht fluffig auf die Straße gebracht und von Zehntausenden dankbar angenommen.
Ok, das war jetzt eine lange Herleitung – aber merkt ihr was? All das, was für Kosmos gedacht wurde, findet sich letztendlich in „C The Unseen“ wieder. Die Ideen und Ansprüche für dieses eine Event waren letztendlich die Schlüssel zum Titelgewinn. Klingt also nach einer Erfolgsstory. Ist es aber nicht. Denn bisher konnte das Festival nur einmal stattfinden, dann kam Corona. Die Ausgabe 2020 wurde ersatzlos gestrichen – und eigentlich hätte man es 2021 auch so machen können.
Wollte man aber nicht. „Natürlich hoffen wir wieder auf ein richtiges Präsenzfestival 2022. In diesem Jahr wollen erstmal in Erinnerung rufen, was Kosmos Chemnitz eigentlich war.“ Aus diesem Grund schwirren ab Anfang Juli lockdownerprobte Hybridformate umher – mit physischer Präsenz in Chemnitz und weltweiter Ausspielung per Stream von der Kosmos-Page. So soll bis Mitte 2022 ein Konvolut von Gedanken aus Kunst, Sport, Wirtschaft und Gesellschaft entstehen, Zielthema: C The Unseen. „Zuerst wollen wir natürlich die Chemnitzer Stadtgesellschaft erreichen, darüber hinaus aber auch eine nationale und internationale Ebene“, erklärt Julia Voigt und verspricht, „Langfristig soll Kosmos Europa zeigen, was Chemnitz kann“.
Punktuell lebt Kosmos Chemnitz nun also über die Sommermonate auf, mit Volltakt dann ab dem 3. September. „Im Juli und August gibt es zahlreiche kleinere Formate, die man live erleben kann. Für den 3. September steht der Release einer Zusammenarbeit mit einem bekannten nationalem Act an.“ Wer das ist, will Julia Voigt nicht verraten, nur so viel: Es ist irgendwas mit Pop und es soll zusammen mit der Robert-Schumann-Philharmonie passieren.
Ansonsten ist aber noch viel offen und Mitmachen kann prinzipiell jeder Chemnitzer und jede Chemnitzerin. Ausgewählt werden die Beiträge bisher von einem sehr breit aufgestellten Bündnis. In Zukunft soll das Festivalprogramm aber noch bürgernäher gestaltet werden, erläutert die Projektmanagerin: „Wir beginnen, gemeinsam mit der Initiative Buntmacher*innen, in diesem Jahr mit dem Aufbau des Kosmos-Parlaments. Hier sollen Menschen ganz konkret über Programmpunkte abstimmen können.“ Schon 2022 soll das Kosmos-Parlament über die Festivalinhalte mitentscheiden. Für Ideen, Anregungen, aber natürlich auch Kritik, sind die Ohren der Beteiligten ab sofort wieder offen. „Immer her damit!“ ruft Julia Voigt selbstbewusst. Nicht nur sie weiß: Auf dem Weg zur Europäischen Kulturhauptstadt ist vor allem das Wie entscheidend.
Text: Lars Neuenfeld, Foto: Ernesto Uhlmann

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