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Was haben Shakespeare, Rindenmulch und die Chemnitzer Band Radar gemeinsam? Zunächst nicht viel, doch ab dem 21. März gehen sie am hiesigen Schauspielhaus eine kreative Allianz ein.
Die Tragödie Macbeth ist bekanntlich von William Shakespeare. Das Stück beschreibt den Aufstieg des königlichen Heerführers Macbeth zum König von Schottland, seine Veränderung zum Tyrannen und seinen Fall. Rindenmulch wiederum besteht aus zerkleinerten Baumrinden und fi ndet vornehmlich Verwendung bei ambitionierten Kleingärtnern, um das Wuchern von Unkraut zu verhindern. Die Chemnitzer Instrumentalband Radar gedeiht seit einigen Jahren hingegen prächtig und kann auf zwei hochgelobte Alben zurückblicken. Mitten in die Arbeit an ihrem dritten platzte die Anfrage des Regisseurs Bruno Cathomas. Für seine Macbeth-Inszenierung suchte der Schweizer Theatermacher eine Band. Nun entwerfen Radar den Shakespeare-Soundtrack und werden das gesamte Stück über auf der Bühne sein, zwischen Schauspielern, Kulissen und – Rindenmulch. Der komplette Bühnenboden wird mit dem groben, erdfarbenen Material bedeckt und ihn in ein düsteres Schlachtfeld verwandeln.
Cathomas interessiert neben den offen liegenden Themen wie Macht und Machtmissbrauch vor allem das Thema der Grenzverwischung zwischen Schein und Realität. Für die Chemnitzer Inszenierung wurde aus dem mindestens 30 Figuren umfassenden Original eine konzentrierte Geschichte gemacht, in der der Fokus auf 12 Figuren und eben der Musik von Radar liegt. „Die Band kann mit ihrem Auftreten einen Wirklichkeitsraum aufmachen“, sagt Dramaturgin Esther Holland-Merten. Über allem steht die Frage, was real stattfi ndet und was reine Vorstellung bleibt. Radar können mit ihrer Musik ebenso Einfl uss auf das Geschehen nehmen, wie es die Schauspieler tun. „Sie können durch die Musik Situationen forcieren, Stimmungen erzeugen oder Handlungen unterbrechen“, so die Dramaturgin weiter. Radar hat für die Inszenierung extra eine Vielzahl an neuen Stücken geschrieben. „Für uns ist das auch eine völlig neue Erfahrung“, sagt Bassist Matthias Vogel. Denn anders als bei gewöhnlichem Songwriting, an dessen Ende ein Lied steht, geht es hier um die Schaffung einer klanglichen Parallelwelt, die nicht dominieren, sondern untermalen soll.
Damit gehen Radar einen Schritt weiter als bei ihren Platten. Dort produzieren sie mittels Instrumentalmusik bestes Kopfkino, in Macbeth werden sie eine Geschichte erzählen – eine von Gier, Verrat und menschlichen Abgründen. Musik, Bühnenbild und Schauspieler sollen dem Stück eine düster-apokalyptische Intensität verleihen. Wer erleben will, wie Shakespeare heute, auf Radar und Rindenmulch, funktioniert, muss schnell sein: Nur zehn Aufführungen sind geplant.
Foto und Text: Alex Dinger
Erschienen im 371 Stadtmagazin 03/09