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Schlaflos in Berlin für Nichts

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Die Kulturhauptstadt 2025 hat viele Eltern, die alle maßgeblich dazu beigetragen haben, diesen Titel 2025 nach Chemnitz zu holen. Auch wenn Bürger:innen jetzt nicht zwingend einheitlich begeistert sind, ist der unbändige Enthusiasmus vieler Personen, die uns hierher geführt haben, allerdings unbestreitbar und diese Geschichten verdienen einen Moment des Erinnerns, wie auch in diesem Gespräch mit Kai Winkler.

Kai Winkler ist einer der Organisator:innen und Initiator:innen des European Peace Ride, der sich seit 2021 den Werten eines friedlichen Fahrens und europäischen Zusammenhaltes verschrieben hat. Organisiert wird der EPR ganz im Andenken an das berühmte Vorbild der Internationalen Friedensfahrt, der “Tour de France des Ostens”, die mit ihren Etappen von Prag bis Berlin die Fahne der Toleranz auf einer Welle der Euphorie über Landesgrenzen trug und Millionen von Menschen begeisterte.

Aber erst nochmal ganz zurück zum Beginn. Die Ursprünge des European Peace Ride sind auf eine Aktion zum Auftakt der Chemnitzer Kulturhauptstadtbewerbung zurückzuführen, erdacht und geplant von Kai Winkler und Sören Uhle, damals Geschäftsführer der Chemnitzer Wirtschaftsförderung CWE. Es brauchte einen Funken, etwas Besonderes für die Jury in Berlin und einen Startschuss, der auch die Begeisterung der Chemnitzer:innen für die Kulturhauptstadtbewerbung entfachen könnte. Und dafür wollte Sören Uhle das Brandenburger Tor als Ziel der Aktion und Start für alles, was danach folgen sollte, was er auch schlussendlich erreichen sollte.

Aber wie präsentieren wir unsere Bewerbung denn nun in Berlin? Die erste Idee war sogar noch verrückter, ganz im Andenken an die Chemnitzer Industriehistorie und den Produktionsstandort der Hartmann Lok in Chemnitz-Hilbersdorf, an dem die erste Hartmann Lok zwar gebaut wurde, aber dann wegen fehlender Bahnanbindung mit Pferdekutschen nach Leipzig transportiert werden musste. Eine Hartmann Lok kurzfristig nach Berlin zu transportieren und sie dann zum Brandenburger Tor zu ziehen hätte sicherlich die gewünschte Aufmerksamkeit gebracht, aber die tatsächlich dann durchgeführte Radtour war nicht weniger anstrengend und vor allem in diesem kurzen Zeitrahmen nur unwesentlich weniger verrückt.

Die Inspiration für die Fahrrad-Aktion bot ein Projekt im Chemnitzer Bidbook, das nach Berlin transportiert werden musste - die Wiederbelebung der Internationalen Friedensfahrt, angelehnt daran, sollte dann die Chemnitzer Kulturhauptstadt-Bewerbung mit einer Fahrradstaffel in 48 Stunden über 1.200 Kilometer bis nach Berlin transportiert werden, für eine Übergabe an die Jury am Brandenburger Tor. Allerdings gab es keine Organisationsstruktur, die sich mit den Herausforderungen einer solchen Unternehmung auskennt, es fehlten noch alle 39 Fahrradfahrer (einen für jeden Chemnitzer Stadtteil) und es gab keine Genehmigung für das Brandenburger Tor, die auch in der Regel nur für Großevents und den höchsten politischen Gremien Deutschlands vorbehalten ist.

“Auch schon die Fahrersuche war unglaublich schwierig. Radfahrer sind ja schon eher Individualisten und da wir alles noch unter Verschluss halten mussten, konnten wir auch niemandem sagen, wofür sie sich 2 Tage bei Tag und Nacht mit 30 km/h den Höhenunterschied eines Mount Everest hochquälen sollten. Wir sagten dann einfach nur noch, dass wir Leute suchen, die das Unmögliche möglich machen. Es war einfach nur schräg.”, so Kai Winkler.

Die Fahrer waren schlussendlich gefunden und die Strecke in Form eines C quer durch Deutschland geplant, bei dem viele andere Kommunen und die anderen Mitbewerberstädte gegrüßt werden. Die erste Radstaffel startete bereits in Chemnitz, aber es war immer noch unklar, wie und wo man in Berlin die Aktion eigentlich zu Ende führen kann. “Von Sören bekamen wir dann nur die Info, dass wir einfach losfahren sollen und er sagt uns dann auf der Fahrt, wo wir eigentlich hinfahren müssen”, erinnert er sich. Auf der Fahrt passiert dann auch alles was einfach passieren muss: Stürze, Baustellen, welche die Strecke unsicher machen, Nachts Temperaturen bis zu 2 Grad, fehlende Betten an den Übernachtungsstationen und auch ein Fahrer, den es nicht mehr wach hielt und den direkten Kontakt zu einem Verkehrsschild gesucht hat.

“Und all das während Sören darum gekämpft hat, dass wir überhaupt am Brandenburger Tor ankommen können. Er hat das dann mit einer Eilgenehmigung für eine Demonstration klären können, für die spontan dann auch noch ein Redeanteil geplant werden musste und die Politiker jetzt auch nicht mehr so wirklich dazu eingeladen werden konnten. Aber als wir dann Punkt 14 Uhr bei strahlendem Sonnenschein in Berlin ankamen, die Ampel genau für uns auf Grün umgeschaltet und ich nach 72 Stunden ohne Schlaf am Brandenburger Tor einfuhr, während Jan Kummer 15 Minuten über Nichts redet… dann hat alles einfach gepasst und der Rest war nur noch egal.”, freut sich Kai Winkler auch heute noch darüber, was die Aktion am Ende bedeuten würde - Als Startschuss für unsere Bewerbung, als auch für die Gründungsinitiative des European Peace Ride - mit Herzblut, Einsatzwillen und irgendwie bekloppten Ideen, halt einfach mit Chemnitz-Charakter.

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