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Sven`s World

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Nach nur einem Jahr Amtszeit ist unser Oberbürgermeister Sven Schulze bereits eine veritable Größe im Chemnitzer Showbusiness. Dieser Mann versteht die Macht der Bilder wie sonst nur – sagen wir mal – Cristiano Ronaldo. Er grillt, er strahlt, er zapft an, er posiert im ASR Container. Wenn Sven Schulze öffentlich einen Lulatsch-Hut trägt, steigt der Aktienkurs der eins energie um mindestens 100 Prozent.


Nun hatte unser Stadtoberhaupt Geburtstag, herzlichen Glückwunsch nachträglich übrigens, und weil es der Fünfzigste war, gab es eine pompöse Party im Rathaus, zu der Millennials salopp „Abriss“ sagen würden. Und was für ein Abriss das war: Feuerwehrparade auf dem Neumarkt, inklusive Ernennung zum Ehrenmitglied, und dann noch die Eskalation im Ratssaal. Ein Zapfenstreich wäre auch noch ganz cool gewesen, aber den gibt’s nur in Dresden oder in Berlin, obwohl Fackeln auf der Brückenstraße mindestens genauso gut kämen wie vor dem Reichstag oder der Semperoper.


Organisiert hatte die „My Super Sven 50“-Party unser Chemnitzer Partykönig Miko Runkel. Dieser Mann weiß nicht nur, wie man in einem unkontrollierbaren Moloch wie Chemnitz für Sicherheit und Ordnung sorgt, er weiß als Karnevalist auch, wie man ordentlich feiert. Und so lud er 50 Weggefährten, Kollegen und Freunde des Oberbürgermeisters zum Sektempfang ins Rathaus. Das ist eine super Sache, vor allem für Leute, die Angst vorm Gendern haben, an dieser Stelle gibt es nämlich gar nichts zu gendern, denn anscheinend waren fast ausschließlich Männer eingeladen. Nur mit sehr viel Mühe kann man auf dem offiziellen Foto der Stadt Chemnitz zwei bis drei Frauen erkennen, immerhin. Stattdessen reihen sich sogenannte „alte weiße Männer“ in Scharen um Stehtische.

Falls ihr euch jetzt fragt, welche Gesellschaft das abbilden soll – es ist eindeutig die Chemnitzer Gesellschaft: überaltert und mehrheitlich weiß. In Chemnitz kommen schließlich alle Trends fünf Jahre später an, manchmal aber auch fünfzig Jahre später, zum Beispiel das mit dem Feminismus und der Sichtbarkeit von Frauen. Oder die Tatsache, dass die Gesellschaft nicht nur aus weißen Männern besteht und es viele verschiedene Lebensrealitäten abseits dieser Welt gibt. Das wird gemeinhin Diversität genannt, und unsere Gesellschaft sensibilisiert sich gerade zunehmend dafür. Sogar das eigentlich eher rückständige Unterhaltungsformat Germany’s Next Topmodel hat das Thema für sich entdeckt.

Nur in Chemnitz bedeutet Diversität was anderes. Diversität bedeutet hier, wenn auch mal Menschen unter 40 mit aufs Bild dürfen oder wenn jemand braune statt schwarze Schuhe trägt oder wenn die Frauenquote bei mehr als 20 Prozent liegt oder wenn jemand gar nicht aus Chemnitz kommt, sondern zum Beispiel aus Aue und sich trotzdem gut in das Chemnitzer Leben integriert hat.

Daran kann man arbeiten. Man kann es aber auch wie der Chemnitzer Oberbürgermeister machen und sich immer nur mit Männern umgeben, beruflich wie auf den Bildern, die man erzeugt: Bei Schulze ist immer irgendwie Buddytime. Und das ist relativ sinnbildlich für den Politikbetrieb in der Stadt: Die Kulturhauptstadt? Machen Männer. Die Bürgermeisterposten: alles Männer. Das passiert vermutlich nicht mal unbedingt mit Absicht, aber am Ende machen hier weiße Männer an oberster Stelle Politik und Kultur für weiße Männer. It’s a man’s man’s world. Äh sorry: It’s natürlich a sven´s world.

Text: Johanna Eisner Foto: Stadt Chemnitz / Kristin Schmidt

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