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Das Sommersemester 2007 hat begonnen. Neue Studenten sind in der Stadt – alte sind gegangen oder beenden demnächst ihr Studium. Doch was ist dann? Wie geht es weiter? Das Studium war nach dem Abitur der erste Schritt in Richtung Unabhängigkeit. Jetzt kommt der zweite Schritt – die Zeit nach dem Studium. Glücklich ist der, der seine Interessen auch im Berufsleben verwirklichen kann. Die folgenden sechs Studenten, deren Studiengebiete unterschiedlicher nicht sein könnten, werfen einen Blick zurück auf ihre Studienzeit.
Vom Europastudent zum Kulturjournalist
Thomas Reinhold, 23 Jahre, aus Zschopau
11. Semester European Studies. (Bachelor)
Warum hast du dir Chemnitz als Studienort ausgesucht?
Ich hatte mich bereits für den Zivildienst beworben, als im September 2001 der Ausmusterungsbescheid kam. Ich musste also schnell was anderes finden. Ich habe mich daraufhin in Chemnitz beworben. Europastudien wurde damals erstmalig angeboten und ich wurde genommen.
Würdest du es wieder studieren?
Mittlerweile möchte ich Journalist werden, am liebsten im Kulturressort. Dafür ist „European Studies“ nicht ungeeignet, da es einen breiten Einblick in verschiedene kulturelle Genres gibt. Das Problem bei dem Studiengang ist aber, dass man in keinem Fachgebiet ein tieferes Wissen vermittelt bekommt.
Was hast du für Tätigkeiten neben deinem Studium ausgeführt?
Ich arbeite seit 2003 als freier Redakteur bei der Chemnitzer "Freien Presse". Anfangs ausschließlich für den Lokalsportteil, mittlerweile habe ich mir eine kleine Nische in den kulturellen Ressorts geschaffen. Darin berichte ich über die lokale und regionale Jugend- und Subkultur.
Wie soll es für dich weitergehen?
Ich bewerbe mich bereits für ein Volontariat bei einer Tageszeitung. Das scheint der beste Weg in den Journalismus zu sein. Allerdings ist der Markt sehr überlaufen und die Chance auf einen solchen Ausbildungsplatz gering.
Was sagst du zum Campus?
Der Campus ist toll. Alles liegt unmittelbar beieinander. Die Hörsäle, die Mensa, die Bibliothek, die Parkplätze - nur die Knöllchenpolizei auf dem Campus geht gar nicht. Das ist dreiste Abzocke. (lacht)
"Der Weg ist das Ziel"
Jeanette Brumme, 25 Jahre, aus Dresden
Magister in Pädagogik / Sportwissenschaften.
Was war das Thema deiner Magisterarbeit?
Ich habe Interviews mit Lehrern der Grundschule über aggressives Schülerverhalten geführt. Die Frage war: Welche Rahmenfaktoren im Sportunterricht tragen dazu bei, dass Aggressionen auftreten können.
Würdest du im Nachhinein denselben Studiengang noch einmal wählen?
Wahrscheinlich nicht. Ich habe mich im Laufe des Studiums neu orientiert. Die Schwerpunkte haben sich verlagert – ich fand Sport immer schön, doch irgendwann habe ich mich gefragt, was genau ich damit machen will. Ich habe mich dann immer mehr in Richtung Psychologie orientiert. Letztlich habe ich dann im 8 Semester zum Hauptfach Pädagogik gewechselt, damit ich die Ausbildung machen kann, die ich jetzt anfange: Therapeutin für Kinder. Aber der Weg ist ja bekanntlich das Ziel.
Wie geht es für dich weiter?
Ich beginne jetzt als Kinder- und Jugend Psychotherapeut. In diesem Gebiet soll es gute Jobperspektiven geben, da ein Fachkräftemangel besteht. Man muss aber diese Ausbildung bezahlen, man hat Pflichtpraktika, was ich gut finde, die aber nicht vergütet werden. So werde ich ab 1. April für ein Jahr arbeiten – aber kostenlos, in einer Psychiatrie und das Vollzeit. Das ist hart.
Was wäre dein Traumberuf?
Therapeut.
Was bedeutet es für dich Student zu sein?
Es geht nicht nur um zielorientiertes Lernen, wie es bestimmte Karrieremagazine vermitteln wollen, sondern vor allem um Persönlichkeitsbildung. Ich bin durch mein Studium reifer geworden.
Der Superstudent
Björn Bräuer, 26 Jahre, aus Marienberg
Diplom in Chemie und Physik
Wieso hast du dir Chemnitz als Studienort ausgesucht?
Ich hatte bereits während meiner Schulzeit am Gymnasium Marienberg viel im Rahmen des Chemie Förderclubs „Stöckert“ hier in Chemnitz zu tun. Das war im Prinzip auch die Motivation, hier nach Chemnitz zu gehen.
Was waren die Themen deiner beiden Diplomarbeiten?
Das war fächerübergreifend: Molekularer Magnetismus. Man sucht auf Molekülen basierende Substanzen, die magnetische Eigenschaften aufweisen und die dann für Datenspeicherelemente einsetzbar wären. Das ist natürlich noch Grundlagenforschung.
Ist es üblich, dass man zwei Diplomarbeiten schreibt?
Nein, keinesfalls. Ich habe mich von vornherein in Chemie, als auch in Physik immatrikuliert. Ich finde beides sehr spannend und interessant und habe beides dann bis zum Ende durchgestanden.
Wie geht es für dich weiter?
Ich werde voraussichtlich im Jahr 2008 meine Promotion beenden.
Für deine Diplomarbeiten hast du Preise erhalten…
Im Oktober letzten Jahres habe ich den Universitätspreis für die beste Diplomarbeit in Physik und für die beste Diplomarbeit in Chemie meines Jahrgangs bekommen.
Wie zufrieden bist du mit Chemnitz?
Hinsichtlich des kulturellen Angebots kann man sagen, dass Chemnitz auf dem Vormarsch ist. In der Innenstadt tut sich einiges. Für Studenten könnte das kulturelle Angebot etwas vielfältiger sein. (schmunzelt)
Was hat das Studium für dich als Person gebracht?
Ich konnte meinen Wissensdrang etwas absättigen. (lacht)
In Love with Mathe
Nadja Rückert, 24 Jahre, aus Chemnitz
Master in Mathematik
Warum hast du in Chemnitz studiert?
Weil ich hier in der Nähe geboren bin und an der Universität studieren wollte. Damals war der Studiengang Finanzmathematik etwas neues, das habe ich dann ausprobiert.
Was hat dich zur Mathematik gebracht?
Ich habe Mathematik schon immer gemocht. Ich habe an Matheolympiaden teilgenommen und den Mathe Leistungskurs besucht. Das hat mir eigentlich immer Spaß gemacht.
Ist es dein Traumberuf, in der Mathematik wissenschaftlich tätig zu sein?
Ich bin mit meinem Studium ja gerade erst fertig geworden. Ich habe also noch nicht so große Erfahrungen. Aber für die nächsten Jahre kann ich mir das gut vorstellen. Ich will eigentlich nichts anderes machen.
Was sagst du zu Chemnitz als Universitätsstadt?
Ich bin eigentlich ganz zufrieden. Es sind viele neue Dinge entstanden. Mir ist eine kleinere Stadt auch lieber als eine große, wo man eventuell untergehen würde.
Wie gefällt dir der Campus?
Die Lage ist schön – nur manche Gebäude könnten renoviert werden.
Wie hast du dein Studium finanziert?
Über meine Eltern oder mit der Tätigkeit als studentische oder wissenschaftliche Hilfskraft. Mein Bafög betrug ja nur 13 Euro, aber auch nur für ein halbes Jahr. (lacht)
Warst du zufrieden mit dem Aufbau deines Bachelorstudiengangs?
Es ist halt etwas Neues. Es soll alles vereinheitlicht werden – das ist positiv. Leider wurde der Bachelorstudiengang aus bestehenden Vorlesungen zusammengesetzt, so dass Vorlesungen dabei waren, bei denen mathematische Vorkenntnisse fehlten. Also die Grundausbildung in Mathematik, wie sie beispielsweise Diplommathematiker haben. Für mich war das teilweise schwer, aber ich habe mich zurechtgefunden.
"Gibt es wirklich so etwas wie einen Traumberuf?"
Sebastian Schlegel, 24 Jahre, aus Augsburg
6. Semster Europäische Geschichte. (Bachelor)
Warum studierst du in Chemnitz?
Da ist eigentlich wenig Romantik in der Auswahlgeschichte. Nachdem mir meine Eltern im Herbst 2004 die Pistole auf die Brust gesetzt hatten, entschied ich mich für ein Studium – irgendetwas, das meinen Interessen wenigstens irgendwie entspricht. Geschichte schien das passende Fach zu sein.
Was ist dein Traumberuf?
Puh, harter Tobak! Gibt es wirklich so etwas wie einen Traumberuf? Mich zieht es zum Journalismus. Aber ich weiß natürlich wie mäßig da gerade die Chancen stehen. Nach meinem Studium mache ich im Sommer ein kurzes Praktikum bei der Deutschen Welle in Washington. Vielleicht ergibt sich daraus etwas.
Was hat das Studium für dich als Menschen gebracht?
Die Frage ist wirklich hart zu beantworten. Denn inwiefern etwas auf einen Einfluss ausgeübt hat, können eigentlich nur Außenstehende so richtig beurteilen; die sehen und spüren die Veränderungen eines gut gekannten Menschen. Selbsteinschätzung verzerrt häufig das Bild.
Was machst du in deiner Freizeit?
Der größte Teil meiner Freizeit geht für mein Hobby drauf: das Uni-Radio UNiCC.
Ist Chemnitz eine Studentenstadt?
Schwierig. Stadt und Uni sind irgendwie recht weit von einander entfernt. Was aber viel schlimmer ist: die Studenten und Chemnitz sind ebenso weit von einander entfernt. Es scheint unglaublich schwer zu sein, die Studenten für die Stadt zu gewinnen. Ein bisschen mehr „Studenten-“ vor dem „-stadt“ als derzeit, ist auf jeden Fall drin!
Nach dem Studium zur Ausbildung
Jan Schmidt, 27 Jahre, aus Karbach
Diplom in Psychologie
Wie bist du nach Chemnitz gekommen?
Das war Zufall. Ich wollte gern Psychologie studieren. Ich hatte mich damals in Marburg beworben – Psychologie im Neben- und Soziologie im Hauptfach. Später habe ich mich dann mit den Scheinen, die ich da im Nebenfach gemacht hatte für einen Quereinstieg beworben. Das in ganz Deutschland. Von Chemnitz kam halt eine Zusage.
Ist Chemnitz eine Studentenstadt?
Nein, Chemnitz ist keine Studentenstadt. Das muss ich ganz klar sagen. In Marburg ist das beispielsweise eine ganz andere Szene. Da kannst du Abend um 11 Uhr rausgehen und die Straßen sind voll – auch unter der Woche. Hier gibt es mehr diese DI-MI-DO Studenten, die Dienstag kommen und Donnerstag wieder abhauen.
Was war das Thema deiner Diplomarbeit?
Alkohol Wirkungserwartung. Also, was Leute von Alkohol erwarten, speziell bei Alkoholikern. Es war die These, dass Leute, die mehr positive Erwartungen an Alkohol haben, dann auch mehr trinken.
Wie geht es für dich weiter?
Ich werde mich jetzt an verschiedenen Kliniken bewerben und mich nach einer Psychotherapeutenausbildung umschauen. Da ist aber das Problem, dass das ziemlich teuer ist. So eine Ausbildung muss man aber machen, wenn man als Psychologe in einer Klinik arbeiten will. Die Ausbildung dauert aber noch mal drei Jahre und kosten ungefähr 15.000 Euro. Ich weiß noch nicht, wie ich das finanzieren soll.
Was das Leben lebenswert macht
Annika Neidhardt, 25 Jahre, aus Plauen
12. Semester Elektrotechnik
Warum studierst du in Chemnitz?
Chemnitz hat einen guten Ruf für den Studiengang Elektrotechnik, außerdem habe ich während der Schulzeit durch verschiedene Veranstaltungen die TU Chemnitz schon kennengelernt.
Was gefällt dir an deinem Studiengang?
Ich hatte anfangs immer ein bisschen Bedenken, dass ich mich mit meiner Studienwahl sehr einschränke für später. Er ist aber so vielfältig, man kann damit soviel anstellen. Ein bisschen Grips ist gefragt, das gefällt mir auch an dem Studium. Außerdem hat mich früher schon immer interessiert, was in meiner kleinen Musikanlage passiert, vom Anschalten, bis die Musik zu hören ist. Jetzt weiß ich es.
Wie geht es nach dem Studium für dich weiter?
Das wüsste ich auch gern, und dabei schreibe ich schon an meiner Diplomarbeit.
Ich habe mich vor allem auf den Bereich der Akustik und Beschallungstechnik spezialisiert. Weil es diesen Bereich in Chemnitz nicht gab, habe ich noch ein Jahr in Österreich "Elektrotechnik-Toningenieur" studiert. Und zurzeit beschäftige ich mich am Fraunhofer Institut in Ilmenau mit virtueller Akustik.
Was hat dein Studium für dich als Menschen gebracht?
Eine Menge interessanter Bekanntschaften und Erlebnisse. Ich denke, ich habe meine Studienzeit gut genutzt für die schönen Dinge des Lebens. Was es mir gebracht hat? Ich habe gelernt, was das Leben lebenswert macht und das ist für das kommende "Arbeitsleben" wichtig. Denn auch da sollte gelten: "Man arbeitet, um zu leben und nicht man lebt um zu arbeiten". Das darf man nie vergessen - hilft auch schon bei dusseligen Nebenjobs.
Interviews: Alex Dinger
Erschienen im 371 Stadtmagazin 04/07