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Wieder ein besonders regenarmes Jahr. Das dritte in Folge. Deutschland trocknet langsam aus. Doch wie ist das in Chemnitz? Und wie steht es um den namensgebenden Fluss?
Schon im Frühjahr fehlte der Regen. Nach Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes, fielen von März bis April teilweise weniger als 10 Liter pro Quadratmeter Niederschlag. Aktuell zeigt der Dürremonitor des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung Trockenheit für fast das gesamte Bundesgebiet an, vor allem im Osten und Süden herrsche eine „schwere“ bis „außergewöhnliche Dürre“ im Gesamtboden bis 1,8 Meter Tiefe. Daran konnten auch die Regenfälle im Mai nicht viel ändern.
Entwarnung für Trinkwasser
Befürchtungen, uns könnte dadurch das Wasser ausgehen, kann Astrid Eberius vom regionalen Wasserversorger „eins Energie” entkräften: „Chemnitz bezieht sein Trinkwasser aus den sächsischen Talsperren Eibenstock, Einsiedel, Neuzehnhain und Saidenbach.“ Diese Talsperren sind gut gefüllt. „In den vergangenen Jahrzehnten ist der Wassermengen-Bedarf soweit zurückgegangen, dass wir sogar mehr in den Speichern hatten, als benötigt“, erklärt Bernhard Herrmann, Stadtrat von Bündnis 90/Die Grünen. Doch er warnt: „Auch wenn unser Trinkwassersystem uns noch gut versorgt - unsere Flüsse Würschnitz, Zwönitz und Chemnitz fallen zunehmend trocken“, so der Fachmann für Energie und Abwasser. Vor allem die Zeiten extremen Niedrigwassers werden länger, und das hat Auswirkung auf Flora und Fauna in und um die Flüsse. Allein für die mehr als 50.000 Bäume am Straßenrand waren 2019 Notfallpläne der Feuerwehr und Gießaktionen der Bewohner*innen nötig, damit sie nicht eingingen. Gerade hat der Stadtrat die Anschaffung zweier Bewässerungsfahrzeuge beschlossen, um zumindest Parks und Stadtbäume zu wässern. Vor allem die Versiegelung der Stadtfläche und der Fakt, dass Regenwasser ungenutzt in die Kanalisation fließt, verschärft diese Situation. „Hier müssen wir dringend an Methoden arbeiten, das Wasser in der Stadt zu halten - etwa neue Speicher schaffen", so Herrmann.
Fluss-Strukturen geschaffen
Einiges wurde bereits in den vergangenen Jahrzehnten geschafft. „Wir haben heute, etwa im Vergleich zu DDR Zeiten, gute Gewässerzustände. Das wiederum ist die Voraussetzung für Krebse, Libellen, Fische oder die Wasseramsel“, so Herrmann. Trotzdem wird Chemnitz nicht als Stadt am Fluss wahrgenommen. Ufer sind selten begehbar, laden kaum zum Verweilen ein, so die Kritik. Doch gerade im Stadtpark und am Falkeplatz wurde viel renaturiert und freigelegt. Der Chemnitztalweg hat sich zum beliebten Rad- und Wanderweg entwickelt. Klar, in seinen ganz ursprünglichen Zustand ist der Fluss nicht mehr zu versetzen. „Die Chemnitz war der Elbe ähnlich ein breit mäandernder Fluss mit weiten Auen. Das bekommen wir mit der Innenstadtbebauung so nicht mehr hin", sagt Bernhard Herrmann. Aber - es gibt dennoch Verbesserungsbedarf. Und erste Pläne.
Fluss-Kultur in der Hauptstadt
Tatsächlich hat Chemnitz als Teil seiner Kulturhauptstadtbewerbung auch seinen namensgebenden Fluss zum Projekt erklärt. „Stadt am Fluss" meint gar nicht nur die Chemnitz: „Die Stadt liegt nicht nur an dem einen Fluss, die Quellarme Zwönitz und Würschnitz und eine Vielzahl von Wasserläufen haben die Stadt seit ihrer Gründung und in ihrer Entwicklung über Jahrhunderte geprägt", so die Pressestelle der Stadt. Die an den Wasserläufen entstandenen Brachen seien „einerseits Orte der Industriekultur, andererseits neue unbesetzte Freiräume, die es zu entdecken und zu entwickeln gilt." Naherholung in Grünzügen und Renaturierung der Wasserläufe stünden dabei im Vordergrund - mit Gewässerauen bekomme man „Retentionsflächen für den Überschwemmungsfall, Wasserspeicher bei Trockenheit und für die Stadt wichtige Frischluftschneisen". Soweit die Theorie - wo und wie das in Chemnitz umgesetzt werden soll, wird noch nicht verraten. Man fürchte den Ideenklau der anderen Bewerberstädte. Durchgesickert ist aber schon, dass der seit über 100 Jahren unterirdisch verrohrte Lauf des Pleißebachs in naher Zukunft wieder an Tageslicht geholt werden soll. Der Pleißebach füllt den Schloßteich mit Wasser, im Bereich Mathesstraße-Konkordiapark soll er nun bald für eine bessere Stadtökologie sorgen.
Trinkbrunnen braucht die Stadt
Vielleicht bekommt Chemnitz ja auf diesem Wege die Trinkbrunnen, die sich der Verein „tiptap” für die Stadt wünscht. Seit einigen Jahren arbeiten Anne Schlitt und ihre Kollegen daran, gemeinsam mit Chemnitzer Partnern wie der „eins Energie” solche Trinkbrunnen aufzustellen. „Dieses Jahr sollte endlich einer ans Netz gehen – doch der Bau liegt wegen Corona auf Eis“, so Schlitt. Neben dem Service, kostenloses Trinkwasser in der Stadt verfügbar zu machen, haben die Brunnen noch einen anderen Sinn: „Es geht uns darum, Menschen davon zu überzeugen, Leitungswasser statt Flaschenwasser zu konsumieren.“
Klar ist: Wenn die Trockenperioden der letzten Jahre zum Dauerzustand werden, wird auch die Trinkwasserversorgung zunehmend schwierig. Zuvor leidet aber das Stadtgrün und damit ganz direkt die Lebensqualität aller Bewohner, gleich ob Tier oder Mensch. Zeit also, den Wert des Wassers in der Stadt zu erkennen und wertzuschätzen.
Text: Peter Altmann Foto: Paula Thomsen