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Von Kappel nach Europa

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Kulturhauptstadt Europas 2025 - was soll das werden? Diese Frage stellen sich viele Menschen. Dabei steht die Antwort im sogenannten Bidbook drin. 54 Projekte sind dort aufgeführt und da es bis 2025 noch ein bisschen Zeit ist, stellen wir von nun an eins in jeder 371-Ausgabe vor.

Diesmal: Der Garagen-Campus

30.000 Quadratmeter, sieben Gebäude und viel Platz für Ideen: Im alten Kappler Straßenbahndepot soll einer der zentralen Spielorte des Kulturhauptstadtjahres entstehen.

Ausgerechnet hier? Abseits vom Stadtzentrum, entlang eines von Leerstand geprägten Straßenzugs? Ja, und das scheint wohl durchdacht.

Es gehört zu den großen Herausforderungen für alle europäischen Kulturhauptstädte, Geld in sinnvolle Infrastrukturprojekte zu investieren. Sinnvoll bedeutet, dass keine Luftschlösser gebaut werden, die nach dem Jubeljahr nutzlos herumstehen. Die Stadt Chemnitz hat sich bei der Bewerbung deshalb auf Vorhaben konzentriert, die sowieso in der kurz- und mittelfristigen Infrastrukturplanung anstehen.

Eines dieser Vorhaben ist die Umgestaltung und Aufwertung der Zwickauer Straße. An dieser dominanten Verkehrsader lagen einst viele der wichtigsten Industriebetriebe der Stadt, heute ist sie, gerade zwischen der Kappler Drehe und dem alten Wanderer-Werk, von Leere und Verfall geprägt. Ziemlich genau in der Mitte zwischen diesen beiden Punkten liegt das alte Straßenbahndepot. Deshalb kommt dem Areal eine zentrale Bedeutung zu, nicht zuletzt, weil es zumindest indirekt im Eigentum der Stadt ist (direkt gehört es der CVAG).

Seit kurzem titelt das Projekt als Garagen-Campus, nur ist hier weder eine Garage noch ein Campus vorhanden. Auch so bietet das Objekt Zwickauer Straße 164 aktuell wenig Anlass für Euphorie. Genutzt wird der in Teilen über 140 Jahre alte Gebäudekomplex von zwei Museen, die entweder kaum einer kennt oder eher spezifische Interessen bedienen (Uhrenmuseum und Straßenbahnmuseum). Darüber hinaus gibt es eine Trödelhalle, einen Altautohandel und Wohngebäude, die teils voll vermietet sind, teils komplett leer stehen. Leerstand hat auch den Wirtschaftsgebäuden des traditionsreichen Betriebshof zu schaffen gemacht, die alte Schmiede zum Beispiel steht nur noch dank Notsicherung. Was also tun mit diesem Gelände, dass offensichtlich einen gehörigen Investbedarf hat?

Hier soll das Projekt Kulturhauptstadt die Türen für größere Denkräume öffnen. Von Kappel nach Europa – das ist die neue Linie, die vom alten Straßenbahndepot aus starten soll. Das Steuer dafür hat momentan Tina Winkel in den Händen. Die gebürtige … ist allgemein begeistert von der Kulturhauptstadt-Idee und mittlerweile auch ganz speziell von Chemnitz. Sie betreut die Konzeptphase, kommuniziert täglich mit vielen Menschen, hört sich verrückte Ideen an und sammelt, sammelt, sammelt. Auf ihrem Arbeitstisch liegt z.B. ein Haufen mit Holzklötzchen. Er ist das Ergebnis mehrerer Workshops und die darauf notierte Themenvielfalt zeigt vor allem eins: Hier scheint tatsächlich noch alles möglich.

Tina Winkels Aufgabe ist also nicht das Projektieren und Umsetzen einer schmalspurigen Ein-Thema-Idee, im Garagen-Campus sollen Dinge zusammen gedacht und gebracht werden, die, Zitat Konzeptskizze, „im geschäftigen Alltag nicht zwangsläufig etwas miteinander zu tun haben.“ Jene Konzeptskizze, erstellt vom Nossener Unternehmen Age Of Artists, beschreibt weiter, dass „der Garagen-Campus mittels Kunst, Kultur, Handwerk, Forschung, Bildung und Wirtschaft zum breitgefächerten Experimentierfeld wird, an dem Kopf, Hand und Herz idealtypisch zueinander finden“. Das klingt nice, aber auch ziemlich schwer fassbar.

„Manchmal würde ich mich gern an den 1. Januar 2026 beamen und schauen, was aus diesem Gelände geworden ist“, wünscht sich Tina Winkel. Ein verständlicher Wunsch, denn der Status Quo ist unübersichtlich, riecht nach mega viel Arbeit und noch mehr Geld. Um alle Objekte samt Freifläche in einen „perfekten“ Zustand zu versetzen, wird es wohl länger als bis 2025 dauern. Ob sich der angestrebte Mix findet und funktioniert, ist völlig offen. Aber gerade diese Offenheit ist unendlich reizvoll. Letztendlich geht es darum, hier clevere Projekte zu initiieren, die für weitere öffentliche oder privatwirtschaftliche Finanzierungsrunden prädestiniert sind. Lohnen wird es sich, denn der Ort ist zauberhaft, architektonisch in Chemnitz einmalig und eine echte Perle mit reichlich Stadtgeschichte,

Text & Fotos: Lars Neuenfeld

Weitere Infos samt Konzeptentwurf: chemnitz2025.de/garagencampus2025/

Ideenhaltestelle: Jeden Donnerstag im September 16 – 19 Uhr

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