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Ballermann, Petersdom, Ostseestrand – diese Reiseziele können sich vor dem jährlichen Touristenansturm kaum retten. Das 371 interessiert sich für Menschen, die ganz andere Reisen unternehmen.
Wenn Gehen so anstrengt, dass man sich nach zehn Metern völlig fertig fühlt, dann treibt einen in erster Linie das Gefühl weiter: „Wir haben so viel geschafft und alles hat gut geklappt, da schaffen wir auch den Rest.“ So erging es Thomas Hauser, als er vergangenen August gemeinsam mit Matthias Müller den Stok Kangri bestieg, einen Gipfel im indischen Himalaya von etwa 6121 Metern Höhe. Und die eigentliche Gipfelbesteigung war nicht die einzige Hürde, denn zuvor hatten sie eine fünftägige Wanderung zum Basislager zu bewältigen. Ihre Rucksäcke mit Zelt, Proviant, Kocher, Schlafsäcken, Sonnenschutz und Steigeisen wogen zwanzig Kilo. Die Akklimatisierungstour begann auf etwa 3300 Metern, unterwegs übernachteten sie auf bis zu 4800 Metern Höhe. Bereits ab einer Höhe von über 3000 Metern sind laut Auswertigem Amt fast ein Drittel der Bergsteiger von leichteren Formen der Höhenkrankheit betroffen. Hauser und Müller blieben zum Glück von deren Symptomen wie etwa Kopfschmerzen, Übelkeit, Hautödemen und Sehstörungen verschont, dennoch war die Wanderung für sie extrem anstrengend: „Ich hab gesagt, wenn am Ende nicht der Berg stünde, würde ich’s nicht machen“, erinnert sich Hauser.
Als Jugendlicher hätte Hauser lieber am Pool gelegen, wenn es jedes Jahr mit den Eltern auf die Gipfel Südtirols ging. Doch später las er Bücher und besuchte Vorträge von Messner, Kammerlander und anderen, die Achttausender bezwangen. Als sich in einem Skiurlaub eine beeindruckende Aussicht auftat, wurde schließlich seine „Bergsehnsucht“ geweckt, wie er sagt. Und 2006, als Hauser bei einer Reise durch Nepal und Tibet den Mount Everest sah, wuchs in ihm der Wunsch, auch einmal einen solchen Riesen zu besteigen.
Um etwa 0.30 Uhr starteten sie vom zirka 5000 Meter hohen Basislager des Stok Kangri zum Gipfel, weil nachts die Bedingungen günstiger sind. Mit Kopflampen auf der Stirn und leichtem Gepäck aus Riegeln, Wasser und etwas zum Überziehen brauchten sie rund fünf Stunden für über 1100 Höhenmeter, die sich mit jedem Schritt anstrengender anfühlten. Oben wartete nicht der große Freudentaumel, vielmehr lief, wie Hauser schildert, durch die bewältigte Anstrengung und den herrschenden heftigen Wind alles ruhig. Denn die Ankunft am Gipfel war nur eine Tagesetappe, der Umkehrpunkt, und der Abstieg ebenfalls anstrengend. Erst als auch der Rückweg geschafft war, setzte die Begeisterung über das erreichte Ziel ein.
Doch so sehr Hauser die Herausforderung reizt, so sehr ihm das Gefühl, extreme Anstrengungen überwunden zu haben gefällt, stellt er dennoch klar: „Solche Besteigungen haben nichts mit Spaß zu tun.“ Dazu seien sie zu gefährlich, man müsse sich stets des Risikos bewusst sein. Vor allem schwierige Streckenabschnitte erforderten Erfahrung und absolute Konzentration. Deshalb sei Bergsteigen auch eine geistige Höchstleistung.
Text: Julia Keller Foto: privat
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Erschienen im Heft 05/13