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Diese Geschichte hätte auch ein Märchen sein können, wie bei Rumpelstilzchen, als Stroh zu Gold gesponnen wurde. Ein fixer Einfall im Vollrausch, eine Geschäftsidee, der Aufbau einer Firma, ehrliche Handarbeit. Aber der Reihe nach.
Anfang 2009 waren Thomas Jaenisch und Felix Rohland zum Skilehreraustausch in einem kleinen Dorf in Japan. Aus Langeweile heraus – in dem Dorf gab es kein Fernsehen und nach dem dritten Abend war auch das allabendliche Besäufnis zu viel – ließen sich die beiden Studenten von einer Spanierin das Häkeln beibringen. Schnell war die erste Mütze gehäkelt, die bei der anschließenden Rundreise durch Japan mit viel Anerkennung und schließlich einem Kaufangebot bedacht wurde: Zwei Australier boten 1200 Yen – umgerechnet etwa 10 Euro. Beim anschließenden gemeinsamen alkoholgeschwängerten Karaokeabend fassten die beiden Deutschen einen Entschluss: „Wir häkeln jetzt professionell Mützen!“. Schon am nächsten Tag meldeten sie die Homepage myboshi.de an, der Name war eine Hommage an ihre Japanreise: boshi ist der japanische Ausdruck für Mütze.
Im Freundeskreis sei das Vorhaben anfangs belächelt worden, erzählt Thomas Jaenisch. Trotzdem hätten aber alle nach und nach zugegriffen. Die Nachfrage war so groß, dass alsbald die Mütter der beiden Studenten mithäkelten. Als auch das nicht mehr reichte, schalteten sie eine Anzeige in der Zeitung. Seitdem häkeln zehn ältere Damen auf Heimarbeitsbasis Mützen für das junge Unternehmen. Mittlerweile haben Thomas Jaenisch und Felix Rohland 2.000 Stück verkauft.
Ganz billig sind die Mützen nicht, pro Exemplar werden je nach Design mindestens 35 Euro fällig. Dass die Menschen trotzdem boshis kaufen, hat Jaenisch zufolge zwei Ursachen. Zum einen könne man sich mit einem Konfigurator auf der Internetseite seine eigene, individuelle Mütze erstellen. Zum anderen entwickelten mehr und mehr Kunden ein Gefühl für fair erzeugte und gehandelte Produkte: „Viele Menschen schätzen Handarbeit und Nachhaltigkeit.“ Eigentlich würde in Anbetracht des bisherigen Erfolges eine Erweiterung der Produktpalette nahe liegen. Da wiegelt Jaenisch allerdings ab, vorerst wolle man sich – auch aufgrund des Unternehmensnamens – allein auf Mützen konzentrieren. Auch ein Volleinstieg in das Geschäft kommt im Moment für ihn nicht infrage. Der Wirtschaftsingenieurstudent schreibt gerade seine Diplomarbeit, das sei sein erster Beruf. Dass er später hauptberuflich Mützen herstellt und verkauft, möchte er aber nicht ausschließen. Ab 4.000 verkauften Exemplaren pro Jahr könne man ganz gut davon leben. Außerdem locke die Selbständigkeit: „Wer einmal den Duft der Selbständigkeit gerochen hat, möchte davon nicht wieder weg.“
erschienen im 371 Stadtmagazin 10/12,
Text: Benjamin Lummer Foto: myboshi